Schliessen
von Göler (Hrsg.) / Vera Knatz / § 1583

§ 1583 Einfluss des Güterstands

Lebt der Verpflichtete im Falle der Wiederheirat mit seinem neuen Ehegatten im Güterstand der Gütergemeinschaft, so ist § 1604 entsprechend anzuwenden.

Für den Rechtsverkehr

(für Nichtjuristen)

zum Expertenteil (für Juristen)

Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle

Diese Vorschrift hat kaum praktische Bedeutung.

Sie findet nur dann Anwendung, wenn der Unterhaltspflichtige nach Beendigung der Ehe mit dem Unterhaltsberechtigten eine neue Ehe eingeht und in dieser neuen Ehe nicht in dem gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebt, sondern in einem Ehevertrag den Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbart. Es soll sicher gestellt werden, dass ein geschiedener unterhaltspflichtiger Ehegatte seine Leistungsfähigkeit nicht durch Vergemeinschaftung seines Vermögens schmälert. Vielmehr kann sich durch Rechtsverweisung auf § 1604 BGB sogar erst eine Leistungsfähigkeit ergeben. Denn nach § 1604 BGB haftet der Unterhaltspflichtige nicht nur mit seinem Erwerbseinkommen und dem ihm persönlich zuzuordnenden Sondergut und Vorbehaltsgut, sondern auch mit dem Gesamtgut.

Diese Vorschrift ist aber nicht anwendbar, wenn der Unterhaltspflichtige bereits mit dem Unterhaltsberechtigten in Gütergemeinschaft gelebt hat. In diesem Fall gelten dann die allgemeinen Unterhaltsregeln.

Expertenhinweise

(für Juristen)

1) Allgemeines

1Geht der Unterhaltspflichtige eine neue Ehe ein und lebt er in dieser im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft oder in einer durch Ehevertrag begründeten Gütertrennung, ist für seine Leistungsfähigkeit maßgeblich sein Erwerbseinkommen sowie sein eigener Vermögensstamm, wenn dieser als Einkommenssurrogat heranzuziehen ist.

Um zu verhindern, dass der Unterhaltspflichtige durch den gewillkürten Güterstand der Gütergemeinschaft sein Vermögen in das Gesamtgut einbringt und so dem Zugriff des Unterhaltsberechtigten entzieht, bestimmt § 1583 BGB, dass die Vorschrift des § 1604 BGB, welche im Verwandtenunterhalt gilt, auch beim nachehelichen Unterhalt anzuwenden ist.

Damit wird das Gesamtgut in entsprechender Anwendung des § 1604 BGB dem Unterhaltspflichtigen vollständig zugerechnet. Durch diese Zurechnung kann sich seine Leistungsfähigkeit verbessern oder sogar erst entstehen.

Diese Vorschrift ist nicht anwendbar, wenn der Unterhaltspflichtige mit dem Unterhaltsberechtigten bereits in Gütergemeinschaft gelebt hat.MüKo/Maurer § 1583 BGB RN. 2 In diesem Fall gelten die allgemeinen Unterhaltsregeln.

 

2) Definitionen

2Die Gütergemeinschaft ist ein gewillkürter Güterstand, der in einem notariell zu beurkundenden Ehevertrag vereinbart werden muss, § 1410 BGB.

Die Vereinbarung in einer neuen Ehe kann den Unterhaltsanspruch verstärken oder auch erst begründen, wenn das Gesamtgut überwiegend oder ganz von dem neuen Ehegatten stammt. Sondergut § 1417 BGB und Vorbehaltsgut § 1418 BGB verbleiben aber dem Ehegatten, dem diese Gütermassen gehören, und erhöhen damit nicht die Leistungsfähigkeit des anderen Ehegatten.MüKo/Maurer § 1583 BGB RN 10

Ist aber auch der andere Ehegatte der Nachehe zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet, besteht nach § 1604 Satz 2 BGB ein Gleichrang nach den allgemeinen Vorschriften – wobei vor allem die Rangfolge nach § 1609 BGB zu beachten ist.

 

3) Abgrenzungen, Kasuistik

3Analoge Anwendung des § 1604 BGB

Der in der neuen Ehe in Gütergemeinschaft lebende Unterhaltspflichtige haftet für den Unterhaltsanspruch seines geschiedenen Ehegatten nicht nur mit einem Erwerbseinkommen und dem ihm persönlich zuzuordnenden Sondergut und Vorbehaltsgut, sondern auch mit dem Gesamtgut.BGH vom 16.05.1990 – XII ZR 40/89, FamRZ 1990, 852 Dies führt faktisch zu einer Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen. Darüber hinaus führen die Unterhaltsverbindlichkeiten zu einer Gesamtgutsverbindlichkeit im Sinne der §§ 1437, 1459 BGB und damit zu einer Verbindlichkeit, für die beide Ehegatten, d.h. der Unterhaltspflichtige und sein neuer Ehegatte, persönlich als Gesamtschuldner haften. Durch diese gesamtschuldnerische Haftung wird aber keine eigene Unterhaltsverpflichtung des neuen Ehegatten begründet.

Hat der neue Ehegatte ebenfalls Unterhaltsverbindlichkeiten zu erfüllen, ist der Unterhalt nach § 1604 Satz 2 BGB so zu gewähren, als ob die Bedürftigen zu beiden Ehegatten in dem Verwandtschaftsverhältnis stünden, auf dem die Unterhaltsverpflichtung des verpflichteten Ehegatten beruht. Die Rangordnung bestimmt sich dabei nach § 1609 BGB. Sind gleichrangige Unterhaltsberechtigte vorhanden, ist eine Billigkeitsentscheidung zu treffen.NK-BGB/Sanders § 1583 BGB Rn. 6

4) Zusammenfassung der Rechtsprechung

BGH vom 16.05.1990 – XII ZR 40/89, FamRZ 1990, 852

5) Literaturstimmen

MüKo/Maurer § 1583 BGB RN. 2

MüKo/Maurer § 1583 BGB RN. 10

NK-BGB/Sanders § 1583 BGB Rn. 6

6) Häufige Paragraphenketten


Fußnoten