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§ 1374 Anfangsvermögen

(1) Anfangsvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten beim Eintritt des Güterstands gehört.

(2) Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt, wird nach Abzug der Verbindlichkeiten dem Anfangsvermögen hinzugerechnet, soweit es nicht den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist.

(3) Verbindlichkeiten sind über die Höhe des Vermögens hinaus abzuziehen.

Für den Rechtsverkehr

(für Nichtjuristen)

zum Expertenteil (für Juristen)

Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle

1§ 1373 BGB gibt vor, wie der Zugewinn berechnet wird (Zugewinn = Endvermögen ./. Anfangsvermögen). Eine Rechengröße ist das sog. Anfangsvermögen, das in § 1374 BGB näher umschrieben wird. Das Anfangsvermögen ist wiederum der rechnerische Überschuss des Aktivvermögens bei vorherigem Abzug des Passivvermögens.
Das Anfangsvermögen ist in der Praxis in seiner Bedeutung nicht zu unterschätzen, schmälert es doch den entstandenen Zugewinn und damit auch eine etwaige Ausgleichspflicht. Ein immer wieder vorhandenes Problem ist jedoch, dass der Nachweis zum Anfangsvermögen nicht geführt werden kann, da keine Unterlagen mehr vorhanden sind. Von den Banken können Kontoauszüge, die länger als 10 Jahre zurückliegen, in der Regel nicht mehr angefordert werden. Es gilt also, Unterlagen hierzu bestmöglichst und sorgfältig aufzuheben. Insbesondere nach Trennungen sollte sichergestellt werden, dass die Unterlagen an einem vor Zugriffen des anderen Ehegatten geschützten Ort verwahrt werden; denn nicht selten sind ganze Ordner mit diesen so wertvollen Nachweisen nach der Trennung wie von Zauberhand „verschwunden“.

2Für welche Fälle gilt § 1374 BGB?

Gemäß § 1372 BGB gilt § 1374 BGB zunächst einmal für alle Fälle, in denen der Güterstand der Zugewinngemeinschaft anders als durch den Tod eines Ehegatten beendet wurde, also z.B. bei Scheidung oder vertraglicher Vereinbarung eines anderen Güterstands. Aber auch bei der Beendigung durch den Tod eines Ehegatten kann § 1374 BGB zur Anwendung kommen, wenn die güterrechtliche Lösung zur Anwendung kommt.

3Kann zu § 1374 BGB eine vertragliche Regelung geschlossen werden?

Ja, dies ist z.B. in einem Ehevertrag möglich. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass Vereinbarungen hierzu formbedürftig sind, also notariell beurkundet werden müssen, um wirksam zu sein. In vielen Eheverträgen wird, um die angesprochene Nachweisproblematik zu vermeiden, der Bestand des Anfangsvermögens bei Eheschließung festgehalten. Dies ist vor allem bei größerem Vermögen durchaus sinnvoll. Es sind aber auch Vereinbarungen möglich, die bestimmte Gegenstände aus dem Anfangsvermögen herausnehmen oder später zuerworbenes Vermögen dem Anfangsvermögen hinzurechnen. Möglich ist auch eine Regelung, wonach der Zeitpunkt für die Berechnung des Anfangsvermögens auf einen Zeitpunkt vor der Eheschließung verlagert wird.Brudermüller in: Palandt, BGB Kommentar, 73. Aufl. 2014, § 1374 Rn. 3; Koch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 31 m.w.N. 

4Was ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Bestimmung des Anfangsvermögens?

Nach § 1374 I BGB gehört zum Anfangsvermögen das Vermögen, das beim Eintritt des Güterstands vorhanden ist. Der Eintritt in den Güterstand erfolgt in aller Regel mit der Eheschließung, wobei maßgebliches Datum der Tag der standesamtlichen, nicht der kirchlichen Hochzeit ist. Der Eintritt des Güterstands kann aber auch durch vertragliche Regelung entstehen, beispielsweise wenn die Ehegatten zuvor aufgrund eines Ehevertrags in Gütertrennung gelebt haben.
Zu berücksichtigen ist, dass in der Zugewinnausgleichsberechnung das sog. Stichtagsprinzip herrscht. Dem Anfangsvermögen bei Eheschließung kann somit nur hinzugerechnet werden, was an diesem Tag an Vermögen vorhanden war. Wurde beispielsweise am Tag vor der Heirat eine größere Ausgabe getätigt, beispielsweise Kosten für die bevorstehende Hochzeitsreise bezahlt, dann ist dieses Geld am Tag der Eheschließung nicht mehr vorhanden. Es kann daher auch nicht dem Anfangsvermögen hin zugerechnet werden. Dies gilt selbstverständlich immer vorbehaltlich einer anderweitigen vertraglichen Regelung.

5Was fällt unter das Anfangsvermögen?

Nicht unter das Anfangsvermögen fallen solche Vermögenswerte, für die es im Familienrecht besondere Vorschriften gibt. In erster Linie sind dies die Altersvorsorgeanrechte sowie die Haushaltsgegenstände. Die Abgrenzung ist aber nicht immer einfach.
So fallen beispielsweise die Anrechte aus einer privaten Kapitallebensversicherung in den Zugewinnausgleich. Anrechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Anrechte aus der betrieblichen Altersversorgung unterfallen dagegen immer dem Versorgungsausgleich. Dies gilt selbst dann, wenn die betriebliche Altersversorgung aus Anrechten aus einer Kapitallebensversicherung besteht.

Gehört ein Haushaltsgegenstand einem Ehegatten schon vor der Eheschließung, so fällt dieser in sein Anfangsvermögen. Werden Haushaltsgegenstände während der Ehe angeschafft, sind unabhängig davon, wer den Gegenstand bezahlt hat – beide Ehegatten Miteigentümer. Hier gibt es dann eine spezielle Regelung in § 1568 b BGB, sodass eine Berücksichtigung im Zugewinnausgleich in der Regel nicht mehr vorgenommen wird.

6Wie werden Schulden und sonstige Belastungen im Anfangsvermögen berücksichtigt?

Früher konnten Schulden nur bis zur Höhe der aktiven Vermögenswerte abgezogen werden, so dass das Anfangsvermögen allenfalls 0 betragen, nicht jedoch negativ sein konnte.
Dies gilt heute aufgrund von § 1374 III BGB nicht mehr. Verbindlichkeiten können nun auch über das aktive Vermögen hinaus in Abzug gebracht werden. So kann sich auch ein negatives Anfangsvermögen errechnen. Davon soll der andere Ehegatte profitieren, der während der Ehe zum Schuldenabbau beigetragen hat. Hatte also z.B. der Ehemann bei Eheschließung (=Anfangsvermögen) Schulden in Höhe von 50.000,00 EUR und am Tag der Zustellung des Scheidungsantrags (=Endvermögen) ein Vermögen von 50.000,00 EUR, hat er einen Zugewinn von 100.000,00 EUR, da er durch den Schuldenabbau während der Ehe insgesamt um 100.000,00 EUR mehr Vermögen bilden konnte.

7Was ist der sog. privilegierte Erwerb?

§ 1374 II BGB sieht vor, dass für bestimmte Formen des Vermögenserwerbs eine Hinzurechnung zum Anfangsvermögen erfolgen kann. Dies nennt man den sog. privilegierten Erwerb, da dieses Vermögen trotz des Zuerwerbs während der Ehe in das Anfangsvermögen eingestellt wird. Um für die Zugewinnausgleichsberechnung die richtigen Werte zu erhalten, ist jeweils auf den Tag des Erwerbs abzustellen. Wurde also beispielsweise eine Immobilie von den Eltern auf einen Ehegatten übertragen, ist maßgeblicher Stichtag für den Wert der Immobilie im Anfangsvermögen der Tag, an dem die Schenkung notariell beurkundet wurde.
Folgende Fälle unterfallen dem privilegierten Erwerb:

- Erwerb von Todes wegen: Einer der häufigsten Fälle ist der privilegierte Erwerb aufgrund einer Erbschaft, die man von dritter Seite, beispielsweise von den Eltern, erhalten hat. Aber auch Vermächtnis, Pflichtteil, Erbersatzanspruch und Nacherbschaften fallen darunter. Gleiches gilt für die Bezugsberechtigung an einer Lebensversicherungssumme aus der Versicherung eines nahestehenden verstorbenen Dritten.BGH Urteil vom 20.09.1995 – XII ZR 16/94 = BGHZ 130, 377 = FamRZ 1995, 1562 = NJW 1995, 3113 Als maßgeblicher Zeitpunkt für die Wertbestimmung ist auf den Todestag des Erblassers, also des Verstorbenen, abzustellen.

- Erwerb mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht: Dieser Abschnitt umfasst ebenfalls die Übertragung von Vermögen an einen Erben – aber eben noch zu Lebzeiten des Erblassers. Darunter fallen insbesondere die Fälle der Grundstücks-, Hof- und Unternehmensübergabe, aber auch eine etwaige Entgeltzahlung für die Erklärung eines Erb- und/oder Pflichtteilsverzicht. Nicht umfasst sind Zahlungen der Ehegatten untereinander, die mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht gemacht werden.
Maßgeblicher Zeitpunkt für den Wertansatz im Zugewinnausgleich ist der Tag der (notariellen) Übertragung.

- Erwerb durch Schenkung oder Ausstattung: Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass es sich um eine unentgeltliche Vermögensverschiebung handelt, d.h. dem Schenker darf keine Gegenleistung zugeflossen sein. Wurde nur ein Teil unentgeltlich übertragen, sog. gemischte Schenkung, kann nur der unentgeltliche Teil in das Anfangsvermögen eingestellt werden. Arbeits- und Dienstleistungen stellen keine Schenkung dar; gleiches gilt für Gebrauchsüberlassungen. Etwas anderes kann aber dann gelten, wenn hierfür auf eine normalerweise zu zahlende Vergütung verzichtet oder diese erlassen wurde.BGH Urteil vom 01.07.1987 – IVbZR 70/86 = BGHZ 101, 229, 232 =  FamRZ 1987, 910 = NJW 1987, 2816 Schenkungen der Ehegatten untereinander sind von dieser Vorschrift ebenfalls nicht umfasst.
Der für die Zugewinnausgleichsberechnung maßgebliche Wert ist der Tag, an dem die Schenkung dem Vermögen des beschenkten Ehegatten zugeflossen ist.

Eine Hinzurechnung kann aber bei allen Fällen dann nicht erfolgen, wenn es sich nicht um die Zuwendung von Vermögen handelt, sondern der privilegierte Erwerb den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist. Damit soll sichergestellt werden, dass die nicht zur Vermögensbildung bestimmten Einkünfte nicht unter die Privilegierung fallen. Die Einordnung ist in der Praxis nicht ganz einfach. Keine Rolle spielt für die Qualifizierung als Einkünfte, ob es sich um eine einmalige oder laufende Zahlung gehandelt hat. Letztlich kommt es also für die Einordnung als Einkünfte darauf an, ob der Erwerb nach der Bestimmung des Zuwendenden zur Deckung des laufenden Lebensbedarfs dienen soll. Dies ist insbesondere bei Beiträgen zur HaushaltsführungOLG Koblenz Urteil v. 10.08.2006 – 7 UF 850/05 = FamRZ 2006, 1839 = NJW-RR 2007, 2 mit Anm. Schröder oder Finanzierung von UrlaubenBrudermüller in: Palandt, BGB Kommentar, 73. Aufl. 2014, § 1374 Rn. 18; Koch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 27 der Fall. 

Sind Schulden und sonstige Belastungen auch beim privilegierten Erwerb zu berücksichtigen?

Vor allem Nachlassverbindlichkeiten, wie Erbschaftssteuer etc., sind vom privilegierten Erwerb wertmindernd abzuziehen. Gleiches gilt für Darlehen, die z.B. auf einer Immobilie lasten und mitübernommen werden.
§ 1374 III BGB gilt auch für den privilegierten Erwerb. Damit kann auch der privilegierte Erwerb negativ sein. Dies ist insbesondere bei Annahme einer überschuldeten Erbschaft der Fall.

In der Praxis ein Problemfall ist durchaus auch, dass bei einer Vielzahl von übertragenen Immobilien eine Belastung in Form eines lebenslangen Nießbrauchs, Wohnrechts oder Leibgedinges eingetragen ist. Hier ist eine Wertsteigerung allein schon dadurch eingetreten, dass die Belastung mit diesem lebenslangen Recht zwischen den beiden Stichtagen zum Anfangs- und Endvermögen abgenommen hat. Hat z.B. die im Zeitpunkt der Schenkung 60-jährige Mutter des Ehemanns diesem während der Ehe ein Grundstück mit einem Nießbrauch belastet übertragen und wird etwa zwanzig Jahre später der Scheidungsantrag zugestellt, dann hat das Grundstück allein durch das Absinken des Werts des Nießbrauchs an Wert gewonnen. Denn der lebenslange Nießbrauch einer 60-jährigen wird höher zu bewerten sein als der Nießbrauch einer 80-jährigen. In der Praxis entstehen hierdurch schwere Bewertungsprobleme, die sich in gerichtlichen Verfahren meist nur durch Einholung sehr kostenträchtiger Sachverständigengutachten klären lassen.

8Gibt es neben den in § 1374 II BGB ausdrücklich genannten Möglichkeiten weitere Fälle des privilegierten Erwerbs?

Der Bundesgerichtshof lehnt dies weiterhin abBGH Beschluss v. 16.10.2013 - XII ZB 277/12 = FamRZ 2014, 24 ff. = NJW 2013, 3645 in Bestätigung seiner bisherigen Rechtsprechung, auch wenn es hierzu in der juristischen Literatur durchaus sehr kritische Stimmen gibtBrudermüller in: Palandt, BGB Kommentar, 73. Aufl. 2014, § 1374 Rn. 19 m.w.N.; Koch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 15 .

Dies bedeutet, dass insbesondere auch ein erhaltenes SchmerzensgeldBGH Urteil vom 27.05.1981 – IVb ZR 577/80 = BGHZ 80, 384 = FamRZ 1981, 755 = NJW 1981, 1836 oder der LotteriegewinnBGH Beschluss vom 16.10.2013 - XII ZB 277/12 = FamRZ 2014, 24 ff. = NJW 2013, 3645 nicht dem Anfangsvermögen hinzugerechnet werden und damit voll dem Zugewinn unterliegen, obwohl der andere Ehegatten für diesen Vermögenserwerb keinerlei Leistung erbracht hat.

9Wer muss das Anfangsvermögen nachweisen und wie kann dieser Nachweis geführt werden?

Die sog. Darlegungs- und Beweislast für das Anfangsvermögen trägt derjenige Ehegatte, der sich darauf berufen möchte. Dies gilt sowohl für das originäre Anfangsvermögen als auch für den privilegierten Erwerb.

Bestreitet also ein Ehegatte, dass einzelne oder sämtliche Positionen im Anfangsvermögen des anderen Ehegatten vorhanden waren oder auch deren Höhe, muss der andere Ehegatte sein Anfangsvermögen darlegen und beweisen. Gleiches gilt für das Fehlen und die Höhe von Verbindlichkeiten im Anfangsvermögen.
Bei Allein- oder Miteigentum an einer Immobilie oder deren Übertragung kann der Nachweis in aller Regel durch Vorlage des Grundbuchauszugs und/oder der notariellen Urkunde unproblematisch geführt werden. Auch bei Kontovermögen, Spar- und Bausparverträgen sowie Lebensversicherungen kann relativ leicht ein Nachweis erbracht werden, wenn entsprechende Kontoauszüge und Vertragsunterlagen vorhanden sind. Es empfiehlt sich daher, diese Unterlagen an einem vor Zugriffen des anderen Ehegatten geschützten Ort aufzuheben. Die Banken selbst stellen Kontoauszüge in der Regel lediglich für die letzten 10 Jahre aus. Wichtig ist auch hier wieder das Stichtagsprinzip zu beachten, d.h. die Unterlagen müssen grundsätzlich den Tag der Eheschließung enthalten. Ist dies aber nicht ohne weiteres machbar, z.B. bei einem Aktiendepot, können auch Unterlagen, die sich dem Stichtag zumindest nähern, eine gewisse Indizwirkung haben. Wurden von dritter Seite Geldschenkungen vorgenommen, sollten auch hierzu bestenfalls entsprechende Kontoauszüge oder Überweisungsträger vorgelegt werden. Problematisch kann dies aber insbesondere auch bei Barschenkungen sein; hier müssten dann die Schenkenden oder andere Personen, die von der Schenkung Kenntnis hatten, gegebenenfalls als Zeugen benannt werden.

10Wie wird die Inflation berücksichtigt?

Gerade bei Langzeitehen stellt sich immer wieder die Frage, wie der Umstand zu bewerten ist, dass das Geld bei Eheschließung noch einen anderen Wert hatte als heute. Dieser Kaufkraftschwund wird im Zugewinnausgleich dadurch ausgeglichen, dass das Anfangsvermögen indexiert wird. Hierzu wird der Verbraucherpreisindex herangezogenInformationen unter: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/Preise/Verbraucherpreisindizes/Verbraucherpreisindizes.html;jsessionid=AD5E95B9860E6C79C1A3EE49AE0F4CBA.cae2 . Die von der Rechtsprechung hierzu entwickelte Formel lautet:
Wert des Anfangsvermögens bei Beginn des Güterstands x Verbraucherpreisindex zum Zeitpunkt der Beendigung des Güterstands : Verbraucherpreisindex zum Zeitpunkt des Beginns des Güterstands.

Indexiert wird auch das durch privilegierten Erwerb zugeflossene Vermögen. Statt dem Wert des Anfangsvermögens bei Beginn des Güterstands wird dann aber der Wert zum Zeitpunkt des jeweiligen Zuflusses der Zuwendung in die oben genannte Formel eingestellt.

Expertenhinweise

(für Juristen)

1) Allgemeines

11§ 1374 I BGB definiert die in § 1373 BGB zur Berechnung des Zugewinns genannte Rechengröße „Anfangsvermögen“ als das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Eheschließung gehört. Der in § 1374 II BGB normierte privilegierte Erwerb sieht darüber hinaus bei einigen Vermögenswerten eine Privilegierung dergestalt vor, dass diese nicht dem Zugewinn unterliegen.

12§ 1374 BGB gilt nach § 1372 BGB für den rechnerischen Zugewinn. Wird bei Beendigung des Güterstands durch Tod die güterrechtliche Lösung gewählt, kommt § 1374 BGB ebenfalls zur Anwendung. Für Ehegatten in den neuen Bundesländern, die im gesetzlichen Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft des Familiengesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik gelebt und keine Erklärung abgegeben haben, wonach der bisherige Güterstand fortgelten solle, ist § 1374 BGB gem. Art. 234 § 4 Abs. 1 EGBGB ebenfalls anwendbar.

13§ 1374 BGB ist ein nachgiebiges Recht. Den Ehegatten steht es damit frei, durch einen im Sinne von § 1408, § 1410 BGB formgebundenen Vertrag abweichende Vereinbarungen zu treffen. Die in der Praxis wohl gängigste Methode ist es, einzelne Vermögensgegenstände und/oder –werte vertraglich zu fixieren. Daneben besteht aber auch die Möglichkeit, einzelne Vermögensgegenstände zum Anfangsvermögen oder privilegierten Erwerb hinzuzurechnen oder davon ganz oder teilweise herauszunehmen. Auch die Verlegung des Berechnungszeitpunkts auf einen Stichtag vor der Eheschließung ist denkbar.Brudermüller in: Palandt, BGB Kommentar, 73. Aufl. 2014, § 1374 Rn. 3; Koch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 31 m.w.N 

2) Definitionen

14a) Anfangsvermögen

Das Anfangsvermögen gem. § 1374 I BGB ist keine eigene Vermögensmasse, sondern lediglich eine Rechengröße zur Berechnung des Zugewinns gem. § 1373 BGB. Es errechnet sich gem. § 1374 I BGB aus dem positiven Aktivvermögen abzüglich der Verbindlichkeiten.

15b) Aktivvermögen
 
Das Aktivvermögen umfasst grundsätzlich alle rechtlich geschützten Positionen von wirtschaftlichem Wert.Koch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 6; BGH Urteil vom 31.10.2001 – XII ZR 292/99 = FamRZ 2002, 88, 89 = NJW 2002, 436; BGH Urteil vom 28.02.2007 – XII ZR 156/04 = FamRZ 2007, 877 = NJW 2007, 1744 Ob das Vermögen während der Ehe noch vorhanden war oder verbraucht wurde, spielt für die Einstellung im Anfangsvermögen keine Rolle; dies ist dann gegebenenfalls im Endvermögen wieder von Relevanz.

(1) Positionen sind zum Stichtag „entstanden“

Um in das Aktivvermögen aufgenommen zu werden, müssen Gegenstände im Eigentum eines Ehegatten stehen und Rechte bereits entstanden sein. Bloße Erwerbsaussichten sowie in der Entwicklung begriffene Rechte, die noch nicht zu einer Anwartschaft erstarkt sind, bleiben unberücksichtigt.BGH Urteil vom 28.02.2007 – XII ZR 156/04 = FamRZ 2007, 877 = NJW 2007, 1744 Daher können Ansprüche, die erst mit der Eheschließung entstehen, nicht in das Anfangsvermögen eingestellt werden.Brudermüller in: Palandt, BGB Kommentar, 73. Aufl. 2014, § 1374 Rn. 4 verneint unter Berufung auf BGH FamRZ 1982, 147 die Berücksichtigung einer Abfindung für die Witwenrente nach Wiederverheiratung gem. § 107 SGB VI Gleiches gilt für völlig ungesicherte Ansprüche, insbesondere dann, wenn ihr Entstehen von einem noch ungewissen Geschehen abhängt.OLG München v. 05.02.1997 - 12 UF 1371/96 = FamRZ 1998, 234 verneint die Berücksichtigung eines Anspruchs auf Erwerb eines dinglichen Wohnrechts beim Tod des Ehemanns, da im Zeitpunkt der Eheschließung völlig unklar ist, ob die Ehe bis zum Tod fortbestehen wird. 
Zum Anfangsvermögen zählt daher auch nicht das in der DDR vor dem Eintritt in den Güterstand enteignete Vermögen, da eine Wiedervereinigung des geteilten Deutschlands und die durch das Vermögensgesetz eingeführten Restitutionsansprüche völlig unvorhersehbar waren.BGH Urteil vom 28.01.2004 – XII ZR 221/01 = BGHZ 157, 379 =  FamRZ 2004, 781 Aus diesen Gründen kann auch der Rückübertragungsanspruch nach § 3 I 1 VermG nicht etwa als Surrogat in das Anfangsvermögen eingestellt werden.BGH Urteil vom 28.01.2004 – XII ZR 221/01 = BGHZ 157, 379 =  FamRZ 2004, 781 

(2) Abgrenzung des Vermögensbegriffs

Gem. § 2 IV VersAusglG fallen die Anrechte aus der Altersversorgung, die dem Versorgungsausgleich unterliegen, nicht unter § 1374 BGB. Dies gilt unproblematisch für die Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie aus anderen Regelsicherungssystemen im Sinne von § 2 I VersAusglG. Seit dem 01.09.2009 gilt gem. § 2 II Nr. 3 VersAusglG, dass nun auch sämtliche Anrechte im Sinne des Betriebsrentengesetzes oder des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes unabhängig von der Leistungsform dem Versorgungsausgleich unterfallen. Damit sind Anwartschaften aus der betrieblichen Altersversorgung auch dann nicht in das Anfangsvermögen einzustellen, wenn sie auf Kapitalbasis abgeschlossen wurden. Etwas anderes gilt aber für private Kapitallebensversicherungen; diese werden nach wie vor über den Zugewinnausgleich ausgeglichen und werden somit ggf. auch in das Anfangsvermögen eingestellt. Dies gilt auch dann, wenn die Lebensversicherung ein Rentenwahlrecht aufweist.BGH Urteil vom 08.06.2005 – XII ZB 177/03 = FamRZ 2005, 1463 = NJW-RR 1379; Koch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 7 m.w.N 
Bei den Haushaltsgegenständen ist eine Einstellung in das Anfangsvermögen unproblematisch immer dann vorzunehmen, wenn sie bei Eheschließung im Alleineigentum eines Ehegatten waren. Bei Miteigentum gilt die Verteilung nach
§ 1568b BGB. Die Frage, ob darüber hinaus eine Berücksichtigung der Haushaltsgegenstände im Zugewinnausgleich vorzunehmen istbejahend: Koch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 8, wird in der Regel nur dann beim Anfangsvermögen eine Rolle spielen, wenn die Ehegatten zuvor zusammengelebt haben und Haushaltsgegenstände gemeinschaftlich angeschafft wurden.

Da die Problematik des Vermögensbegriffs insbesondere beim Endvermögen durchgreift, wird im Übrigen auf die Ausführungen zu § 1375 Rn. ... verwiesen.

16c) Verbindlichkeiten

(1) Fälligkeit

Passiva sind zu berücksichtigen, sobald sie entstanden sind; sie müssen noch nicht fällig sein.Koch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 1 Etwas anderes gilt allerdings für künftig fällig werdende Zinsverbindlichkeiten, da diese als Gegenleistung für die Nutzung des Kapitals hiervon abhängen und auch erst mit der Nutzung entstehen. Werden Zinsen und Kosten aber von vornherein in die Hauptverbindlichkeit eingerechnet und im Tilgungsplan berücksichtigt, wie dies bei Teilzahlungskrediten der Fall ist, ist davon aber eine Ausnahme zu machen.Koch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 10 
Als Passivpositionen sind auch solche Verbindlichkeiten einzustellen, die zwischen den Ehegatten bestehen. Daher sind auch voreheliche Schulden im Anfangsvermögen beider Ehegatten zu berücksichtigen.Brudermüller in: Palandt, BGB
Kommentar, 73. Aufl. 2014, § 1374 Rn. 4 

(2) Negatives Anfangsvermögen

Anders als der Zugewinn insgesamt kann das Anfangsvermögen seit Einführung von § 1374 III BGB seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts zum 01.09.2009 nun auch negativ sein.
§ 1374 I 2. Hs. BGB gilt somit gemäß Art. 229 § 29 II EGBGB nur noch für Altfälle, deren Zugewinnausgleichsverfahren vor dem 01.09.2009 anhängig gemacht wurden. Gleiches soll aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten auch gelten, wenn der Zugewinnausgleichsanspruch mit rechtskräftiger Scheidung der Ehe vor dem 01.09.2009 dem Grunde sowie der Höhe nach entstanden ist.Koch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 12 
Damit partizipiert nun grundsätzlich auch der andere Ehegatte davon, wenn während der Ehe eine Schuldenbelastung, die noch aus der vorehelichen Zeit herrührt, zurückgeführt wird.
Hinsichtlich des oben unter Rn. ... genannten Beispiels (der Ehemann hat im Anfangsvermögen Schulden in Höhe von 50.000,00 EUR und im Endvermögen ein Aktivvermögen von 50.000,00 EUR) bedeutet dies letztlich für die im Anfangs- und Endvermögen vermögenslose Ehefrau, dass diese die Hälfte des ehelichen Zugewinns von 100.000,00 EUR, somit 50.000,00 EUR erhält.
§ 1374 III BGB gilt nach seiner Stellung im Gesetz auch für den privilegierten Erwerb. Ersetzt man im o.g. Beispiel das Anfangsvermögen durch die Annahme einer überschuldeten Erbschaft, die gem. § 1374 Abs. 2, 3 BGB ebenfalls zu berücksichtigen ist, kommt man rechnerisch auf das gleiche Ergebnis, nämlich die Ausgleichspflicht des Ehemanns zugunsten der Ehefrau über 50.000,00 EUR.
Im Übrigen ist auch bei den Verbindlichkeiten auf die Indexierung zu achten (vgl. § 1373 Rn.).

17d) Eintritt in den Güterstand

Maßgeblicher Stichtag für die Bestimmung des Anfangsvermögens ist zunächst einmal der Tag der Eheschließung nach § 1363 BGB. Haben die Ehegatten zuvor einen gem. §§ 1408, 1410 BGB wirksamen Ehevertrag geschlossen, in dem z.B. Gütertrennung vereinbart war und wird nun in einem neuen notariellen Vertrag die Zugewinngemeinschaft vereinbart, ist der Zeitpunkt der zweiten vertraglichen Vereinbarung maßgeblicher Stichtag für § 1374 I BGB, es sei denn, die Ehegatten haben eine anderweitige vertragliche Regelung zum Stichtag getroffen.
Für Ehegatten aus den neuen Bundesländern, die im gesetzlichen Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft des Familiengesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik gelebt und keine Erklärung abgegeben haben, wonach der bisherige Güterstand fortgelten solle, ist gemäß Art. 234 § 4 I EGBGB Stichtag der 03.10.1990.

18e) Privilegierter Erwerb

(1) Zweck

Durch die Vorschrift des § 1374 II BGB soll sichergestellt werden, dass ein Erwerb von Vermögensgegenständen, der ganz offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft steht, nicht über den Zugewinnausgleich ausgeglichen werden muss.

(2) Analogie

Die noch h.M., und dabei insbesondere die Rechtsprechung des BGH, lehnt eine Erweiterung des Tatbestands durch eine analoge Anwendung des § 1374 II BGB weiterhin ab.zuletzt zum Lotteriegewinn: BGH Beschluss v. 16.10.2013 - XII ZB 277/12 = FamRZ 2014, 24 ff. = NJW 2013, 3645 in Bestätigung seiner bisherigen Rechtsprechung In der Literatur scheinen sich hierzu die kritischen Stimmen zu mehren.Brudermüller in: Palandt, BGB Kommentar, 73. Aufl. 2014, § 1374 Rn. 19 m.w.N.; Koch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 15 
Gemäß der Rechtsprechung besteht ein wesentlicher Grund für die gesetzlich normierte Ausnahmeregelung des § 1374 II BGB darin, dass eine derartige Zuwendung meist auf persönlichen Beziehungen des erwerbenden Ehegatten zu dem Zuwendenden oder auf ähnlichen besonderen Umständen beruhe.BGH 16.10.2013 - XII ZB 277/12 = NJW 2013, 3645 = FamRZ 2014 BGH Beschluss v. 16.10.2013 - XII ZB 277/12 = FamRZ 2014, 24 ff. = NJW 2013, 3645 in Bestätigung seiner bisherigen Rechtsprechung 
Damit verbleiben im Zugewinnausgleich ohne Einstellung in das Anfangsvermögen insbesondere Ansprüche auf SchmerzensgeldBGH Urteil vom 27.05.1981 – Ivb ZR 577/80 = BGHZ 80, 384 = FamRZ 1981, 755 = NJW 1981, 1836 , LotteriegewinneBGH Beschluss v. 16.10.2013 - XII ZB 277/12 = FamRZ 2014, 24 ff. = NJW 2013, 3645 in Bestätigung seiner bisherigen Rechtsprechung, die Abfindung einer WitwenrenteBGH Urteil vom 29.10.1981 – IX ZR 86/80 = BGHZ 82, 149 = FamRZ 1982, 148 = NJW 1982, 279 wegen Wiederverheiratung sowie das einstmals in der DDR enteignete VermögenBGH Urteil vom 28.01.2004 – XII ZR 221/01 = BGHZ 157, 379 =  FamRZ 2004, 781.
 
(3) Zeitpunkt für die Wertbestimmung
 
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Wertbestimmung ist gem. § 1376 I BGB der Erwerb. Sind dem Ehegatten mehrfach Zuwendungen gemacht worden, die nach § 1374 II BGB privilegiert sind, ist für jede einzelne Zuwendung der Zeitpunkt des Erwerbs zu bestimmen. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Indexierung von großer Bedeutung. Zur Berechnung des Zugewinns wird das Anfangsvermögen sodann zusammengerechnet dem Endvermögen gegenübergestellt.
Da der privilegierte Erwerb, wie auch das Anfangsvermögen nach § 1374 I BGB, kein eigenständiger Vermögensbestandteil, sondern lediglich Rechnungsgröße zur Ermittlung des Zugewinnausgleichs ist, bedeutet dies, dass sowohl daraus resultierende Gewinne wie auch eine Wertsteigerung des zugewendeten Vermögens dem Zugewinnausgleich unterfallen. Über die Indexierung wird indes sicher gestellt, dass der sog. scheinbare Zugewinn nicht auszugleichen ist (vgl. 1373 Rn. ...).

(4) Erwerb von Todes wegen

Der privilegierte Erwerb von Todes wegen kann vielfältig erfolgen: Gesetzliche oder gewillkürte Erbfolge, Allein- oder Miterbschaft, Vor- oder Nacherbschaft, aber auch durch Vermächtnis, Pflichtteil oder Erbersatzanspruch. Selbst die Befreiung von einer Verbindlichkeit durch Konfusion ist für die Privilegierung ausreichend.BGH Urteil vom 20.09.1995 – XII ZR 16/94 = BGHZ 130, 377 = FamRZ 1995, 1562 = NJW 1995, 3113; OLG Düsseldorf Urteil vom 07.10.1987 – 10 WF 212/87 = FamRZ 1988, 287 Privilegiert sind ferner Abfindungen und Entgelte, die für den Verzicht auf ein angefallenes oder künftiges Erbrecht gezahlt werden, z.B. ein Entgelt für die Ausschlagung einer ErbschaftKoch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 17 oder eine Abfindung für die Ausschlagung eines VermächtnissesBrudermüller in: Palandt, BGB Kommentar, 73. Aufl. 2014, § 1374 Rn. 10 . Unter § 1374 II 1. Alt. BGB fällt auch die Abfindungszahlung an die weichenden Miterben nach § 12 HöfeO.Brudermüller in: Palandt, BGB Kommentar, 73. Aufl. 2014, § 1374 Rn. 10; Koch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 17 Nicht ganz unumstritten ist die Frage, ob auch Ansprüche aus Vergleichen, mit denen eine erbrechtliche Streitigkeit beigelegt wird, unter die Privilegierung fallen. Dies wird aber von der wohl h.M. bejaht.Brudermüller in: Palandt, BGB Kommentar, 73. Aufl. 2014, § 1374 Rn. 10; Koch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 18; a.A. Muscheler FamRZ 1998, 265 

Streitig ist ebenfalls die Frage, ob ein Restitutionsanspruch nach § 3 VermG, der mit Rücksicht auf ein Erbrecht erworben wurde, ebenfalls unter die Privilegierung des § 1374 II BGB fällt. Dies wird überwiegend abgelehnt, da der Erblasser im Zeitpunkt des Todes enteignet war und damit dem Erben keine dem Nachlass des Erblassers zuzuordnende Vermögensposition zugeflossen sein kann.  BGH Urteil v. 20.06.2007 – XII ZR 32/05 = FamRZ 2007, 1307 = NJW-RR 2007, 1371; Brudermüller in: Palandt, BGB Kom-mentar, 73. Aufl. 2014, § 1374 Rn. 10; Koch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 18; a.A. OLG Düsseldorf Urteil vom 06.01.2005 – II-4 UF 156/04 = FamRZ 2005, 1835; Schröder: Anm. zu BGH FamRZ 2007, 1307, 1309 

Ist der Ehegatte Bezugsberechtigter aus der Lebensversicherung eines nahestehenden verstorbenen Dritten, wird im Wege der Auslegung ebenfalls ein privilegierter Erwerb von Todes wegen angenommen. Die Rechtsprechung behandelt dies inhaltlich als Erbeinsetzung bzw. als Erwerb mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht.BGH Urteil vom 20.09.1995 – XII ZR 16/94 = BGHZ 130, 377 = FamRZ 1995, 1562 = NJW 1995, 3113 
Auch Nacherbschaften, bei denen während der Ehe zwar der Erbfall, nicht aber der Nacherbfall eingetreten ist, werden mitsamt des vollen realen Wertzuwachses bis zum Eintritt des Nacherbfalls voll in das Anfangsvermögen des Erben eingestellt.BGH Urteile v. 09.06.1983 – IX ZR 41/82 = BGHZ 87, 367 374= FamRZ 1983, 882; a.A. Thiele in: Staudinger Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Buch 4, Familienrecht §§ 1363-1563 eheliches Güterrecht, Neubearbeitung 2007, § 1374 Rn. 28 Die Privilegierung gilt gleichfalls für Nacherben, deren Nacherbfall vor dem Stichtag für die Berechnung des Endvermögens eingetreten ist. Der Nacherbe erwirbt dabei in doppelter Anwendung des § 1374 II BGB in Form des privilegierten Erwerbs zunächst das Anwartschaftsrecht und dann den Nachlass.Brudermüller in: Palandt, BGB Kommentar, 73. Aufl. 2014, § 1374 Rn. 12; Koch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 20 

(5) Erwerb mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht

Der Erwerb mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht versetzt den Erwerb von Todes wegen in die Lebzeit des Erblassers.BGH Urteil v. 20.09.1995 – XII ZR 16/94 = BGHZ 130, 377, 382 = FamRZ 1995, 1562 = NJW 1995, 3113 Dabei ist es ohne Belang, ob der Ehegatte gesetzlicher oder testamentarischer Erbe ist. Maßgeblich ist, dass ein künftiger Erbgang vorweggenommen werden soll.BGH Urteil v. 27.06.1990 – XII ZR 95/89 = FamRZ 1990, 1083 = NJW-RR 1990, 1283 Dies ist in der Regel bei der Grundstücks-, Hof- und Unternehmensübergabe der Fall. Gleiches gilt für den Ersatzerwerb unter Lebenden, z.B. das Entgelt für einen vor Anfall der Erbschaft erklärten Erb- oder Pflichtteilsverzicht.Koch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 21 Unschädlich ist dabei für die Qualifizierung als privilegierten Erwerb auch, ob eine Gegenleistung gezahlt wird; denn für den Erwerb mit Rücksichtig auf ein künftiges Erbrecht ist gerade keine besondere Rechtsform vorgesehen.BGH Urteil v. 22.11.2006 – XII ZR 8/05 = BGHZ 170, 324 = FamRZ 2007, 978 = NJW 2007, 2245 Etwas anderes kann dann gelten, wenn ein Wertvergleich von Leistung und Gegenleistung auf das Vorliegen eines Austauschvertrags hindeutet.BGH a.a.O in Bestätigung des BGH Urteils vom 01.02.1978 - IV ZR 142/76 = BGHZ 70, 291 = FamRZ 1978, 335 = NJW 1978, 1809  Für eine vorweggenommene Erbfolge geradezu typische vertragliche Abreden sind insbesondere: Übernehmer stellt Übergeber von noch bestehenden Belastung frei, räumt ihm ein Leibgedinge (Altenteil) ein oder der Übernehmer leistet eine Ausgleichszahlung an erbberechtigte Geschwister.  BGH Urteil v. 22.11.2006 – XII ZR 8/05 = BGHZ 170, 324 = FamRZ 2007, 978 = NJW 2007, 2245 in Bestätigung des BGH Urteils vom 27.06.1990- XII ZR 95/89 = FamRZ 1990, 1083 = NJW-RR 1990, 1283 Nicht unter § 1374 II BGB fallen Zuwendungen, die die Ehegatten untereinander mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht machen.BGH Urteil v. 22..09.2010 – XII ZR 69/09 = BGHZ 187, 82 = BGH FamRZ 2010, 2057 = NJW 2011, 72 

(6) Erwerb durch Schenkung oder Ausstattung

Privilegiert sind auch die unentgeltlichen Vermögensverschiebungen der Schenkung gem. §§ 516 ff. BGB sowie der Ausstattung § 1624 BGB.
Arbeits- und Dienstleistungen sowie Gebrauchsüberlassungen fallen nicht hierunter, da ihnen das Tatbestandsmerkmal „Unentgeltlichkeit“ fehlt. Wurde hierfür aber gerade kein Entgelt verlangt, kann gegebenenfalls der Verzicht oder der Erlass auf die Vergütung eine Schenkung oder Ausstattung iSv. § 1374 II BGB sein.BGH Urteil v. 01.07.1987 – IVbZR 70/86 = BGHZ 101, 229, 232= FamRZ 1987, 910= NJW 1987, 2816 Bei gemischten Schenkungen ist allein der unentgeltliche Teil des Erwerbs privilegiert.BGH Urteil v. 17.06.1992 – XII ZR 145/91 = FamRZ 1992, 1160 = NJW 1992, 2566 Freiwillige Leistungen des Arbeitgebers in Form von Gratifikationen etc. stellen keine Schenkung dar.OLG München Urteil v. 07.12.1994 – 12 UF 1150/94 = FamRZ 1995, 1069 Wird die Bezugsberechtigung aus einer Lebensversicherung zugewendet, werden nur die Prämien als Schenkung im Sinne von § 1374 II 3. Alt. BGB qualifiziert, nicht aber die LebensversicherungssummeBGH Urteil v. 20.09.1995 – XII ZR 16/94 = BGHZ 130, 377 = FamRZ 1995, 1562 = NJW 1995, 3113 ; für letztere gilt § 1374 II 1. Alt. BGB allerdings im Wege der Auslegung (vgl. § 1374 Rn....).
Bei einer Schenkung an beide Ehegatten ist ggf. eine anteilige Einstellung in das Anfangsvermögen beider Ehegatten vorzunehmen. Zuwendungen an das Schwiegerkind sind eine Schenkung im Sinne von § 516 BGB und damit auch beim Schwiegerkind in das Anfangsvermögen einzustellen.BGH Urteil v. 03.02.2010 – XII ZR 189/06 = BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958 = NJW 2010, 2202; krit. u.a. Wever FamRZ 2010, 1718; Schulz FF 10, 273 Besteht wegen Scheiterns der Ehe ein etwaiger Rückgewähranspruch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB oder wegen ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 Abs I 2 2. Alt. BGB ist dieser in jeweils selber Höhe sowohl in das Anfangs- als auch Endvermögen des Schwiegerkinds einzustellen.BGH Urteil v. 03.02.2010 – XII ZR 189/06 = BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958 = NJW 2010, 2202.; krit. Schulz FF 10, 273, 277; Haußleiter/Schulz Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 7. Kap. Rn. 25 ff. 
Schenkungen der Ehegatten untereinander fallen nach ganz h.M. nicht unter § 1374 II BGB, da die Privilegierung nur für Schenkungen von dritter Seite gelten soll.BGH Urteil v. 20.05.1987 – IVb ZR 62/86 = BGHZ 101, 65, 69 = FamRZ 1987, 791 = NJW 1987, 2814; BGH Urteil v. 10.07.1991 – XII ZR 114/89 = BGHZ 115, 132, 137 = FamRZ 1991, 1166, 1169 = NJW 1991, 2553; krit. u.a. Koch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 23 m.w.N. 

(7) Belastung mit lebenslangem Recht

Befindet sich im Anfangsvermögen oder dem durch privilegierten Erwerb zugeflossenen Vermögen ein Gegenstand, der mit einem lebenslangen Nießbrauch, Wohnrecht oder Leibgedinge belastet ist, so wird dieser Gegenstand abzüglich der jeweils durch das lebenslange Recht bestehenden Belastung sowohl in das Anfangs- als auch das Endvermögen eingestellt.unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung: BGH Urteil vom 22.11.2006 – XII ZR 8/05 = BGHZ 170, 324 = FamRZ 2007, 978 = 2007, 2245 Dies gilt auch dann, wenn die Belastung vor der Beendigung des Güterstands weggefallen ist.Brudermüller in: Palandt, BGB Kommentar, 73. Aufl. 2014, § 1374 Rn. 13 m.w.N Für die Bewertung der Belastung zum jeweiligen Stichtag ist die Hinzuziehung eines Sachverständigen gerade in den gerichtlichen Verfahren die Regel notwendig.BGH Urteil vom 22.11.2006 – XII ZR 8/05 = BGHZ 170, 324 = FamRZ 2007, 978 = 2007, 2245; vgl. auch Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 1. Kap. Rn. 418 ff. zur Möglichkeit einer gerichtlichen Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZP Der Wertzuwachs durch das Abnehmen oder den gänzlichen Wegfall der Belastung unterfällt der Privilegierung nach § 1374 II BGB.Brudermüller in: Palandt, BGB Kommentar, 73. Aufl. 2014, § 1374 Rn. 13; Koch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 24 mit Rechenbeispiel Andere Wertsteigerungen aufgrund von gestiegenen Grundstückspreisen oder Investitionen unterliegen dagegen durchaus dem Zugewinnausgleich. Im Fall der Leibrente, bei der im Unterschied zu Nießbrauch und Wohnrecht – das Kapital aus eigenen Mitteln erbracht werden muss, mindert der kapitalisierte Wert der Leistungen das privilegiert erworbene Vermögen.Koch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 24 unter Verweis auf BGH Urteil v. 07.09.2005 – XII ZR 209/02 = BGHZ 164, 69 = FamRZ 2005, 1974 = NJW 2005, 3710 

(8) Berücksichtigung von Verbindlichkeiten, negativer privilegierter Erwerb

Der privilegierte Erwerb wird nach Abzug der Verbindlichkeiten dem Anfangsvermögen hinzugerechnet. § 1374 III BGB gilt aufgrund seiner Stellung im Gesetz auch für den privilegierten Erwerb. Daher kann auch ein Minussaldo dem Anfangsvermögen zugeschlagen werden und dabei ein bereits bestehendes Minussaldo nochmals erhöhen. Der typische Fall eines negativen privilegierten Erwerbs ist die Annahme einer überschuldeten Erbschaft.
Sämtliche Verbindlichkeiten, die aus dem Erwerb herrühren, sind wertmindernd abzusetzen. Dies gilt sowohl für Nachlassverbindlichkeiten und Steuern als auch für Verbindlichkeiten, die zum Zwecke des Erwerbs eingegangen wurden, z.B. bei einem Vergleich zur Erledigung des Rechtsstreits über die erbrechtliche Position.Koch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 26 Dagegen nicht abzuziehen sind Verbindlichkeiten, die aus der Verwaltung des Erworbenen resultieren oder in Erwartung des Erworbenen begründet wurden.Koch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 26 

(9) Abgrenzung zu den Einkünften als Ausnahme von der Privilegierung

Soweit der Vermögenserwerb den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist, wird er gem. § 1374 II a.E. BGB nicht von der Privilegierung umfasst. Für die Qualifizierung ist es ohne Belang, ob es sich um einmalige oder laufende Zuwendungen handelt.Brudermüller in: Palandt, BGB Kommentar, 73. Aufl. 2014, § 1374 Rn. 18; Koch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 27 Zu den Einkünften gehört jedenfalls jeder Erwerb, der der Deckung des laufenden Lebensbedarfs dienen soll. Demgegenüber keine Einkünfte liegen vor, wenn die Zuwendung die Vermögensbildung fördern soll. Maßgebliche Kriterien zur Differenzierung sind der Anlass der Zuwendung, die Willensrichtung des Schenkers und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschenkten.BGH Urteil v. 01.07.1987 – IVb ZR 70/86 = BGHZ 101, 229 = FamRZ 1987, 910 = NJW 1987, 2816 
Zu den Einkünften wird daher aufgrund der Willensrichtung des Schenkers Folgendes zugeordnet:

o Unterstützung zur HaushaltsführungOLG Koblenz Urteil v. 10.08.2006 – 7 UF 850/05 = FamRZ 2006, 1839 = NJW-RR 2007, 2 
o Zuwendung zum Erwerb eines FührerscheinsBrudermüller in: Palandt, BGB Kommentar, 73. Aufl. 2014, § 1374 Rn. 18 
o Zuwendung zur Finanzierung der Wohnungseinrichtung oder sonstiger HaushaltsgegenständeBrudermüller in: Palandt, BGB Kommentar, 73. Aufl. 2014, § 1374 Rn. 18 
o Zuwendung zur Finanzierung von UrlaubenBrudermüller in: Palandt, BGB Kommentar, 73. Aufl. 2014, § 1374 Rn. 18; Koch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 27 
o Finanzierung von KuraufenthaltenKoch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 27 
o Finanzierung von FortbildungenKoch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 27 
o Finanzierung eines PKW, wenn er für die Fahrt zur Arbeitsstätte benötigt wirdOLG Karlsruhe Urteil v. 08.03.2001 – 5 WF 14/01 = FamRZ 2002, 236 = NJW-RR 2001, 1156 
o unentgeltliche Überlassung der Wohnung zur NutzungOLG München FamRZ 1998, 825 

Gemäß dem Wortlaut der Vorschrift gilt die Einschränkung der Privilegierung für alle vier Erwerbsarten. Zur Darlegungs- und Beweislast vgl. § 1374 Rn. ...

3) Abgrenzungen, Kasuistik

19Auch für die Frage, ob ein Vermögensgegenstand in das Anfangsvermögen fällt, ist die Abgrenzung zu den speziellen gesetzlichen Regelungen, wie § 1568 a und b BGB sowie § 2 VersAusglG, von Bedeutung.

Der Zugewinnausgleich, und damit die Frage nach dem Anfangsvermögen, wird in der Regel in so ziemlich jedem Scheidungsverfahren thematisiert. Dies kann selbst dann gelten, wenn ein Ehevertrag mit Vereinbarung der Gütertrennung vorhanden ist und ein Ehegatte die Wirksamkeit des Vertrags erschüttern möchte.

Beim privilegierten Erwerb nach § 1374 II BGB treten nun in der Praxis immer häufiger die Fälle der Übertragung von Immobilienvermögen im Hinblick auf ein künftiges Erbrecht auf. Da hier zumeist eine lebenslange Belastung in Form eines Nießbrauchs oder Wohnrechts eingetragen ist, stellen sich vielfach Bewertungsprobleme, die in gerichtlichen Verfahren meist nur über kostenträchtige Sachverständigengutachten geklärt werden können.

4) Zusammenfassung der Rechtsprechung

5) Literaturstimmen

  • Palandt, BGB-Kommentar, 73. Auflage (2014)
  • Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I §§ 1297-1588 GewSchG, VersAusglG, LPartG, 6. Auflage (2013)
  • Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 5. Auflage (2011)
  • Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Buch 4, Familienrecht §§ 1363-1563 eheliches Güterrecht, Neubearbeitung (2007)
  • Muscheler FamRZ 1998, 265
  • Wever FamRZ 2010, 1718
  • Schulz FF 10, 273
  • Krause ZFE 2009. 55

6) Häufige Paragraphenketten

7) Prozessuales

20Sofern kein Verzeichnis gem. § 1377 Abs. 1 BGB erstellt wurde, greift die Vermutung des § 1377 III BGB, wonach das Endvermögen eines Ehegatten seinen Zugewinn darstellt, das Anfangsvermögen somit Null beträgt.

Derjenige Ehegatte, der sich auf sein Anfangsvermögen berufen möchte, trägt hierfür damit die Darlegung und Beweislast. Die Beweislast betrifft nicht nur die Existenz und Höhe des Anfangsvermögens, sondern auch das Nichtbestehen und die Höhe von Verbindlichkeiten. Dasselbe gilt auch für den privilegierten Erwerb nach § 1374 II BGB.BGH Urteil v. 20.07.2005 – XII ZR 301/02 = BGH FamRZ 2005, 1660 = NJW RR 2005, 1460   Rechtsbehauptungen reichen zur Substantiierung des Anspruchs aus; bei Bestreiten durch den anderen Ehegatten muss eine Beweisaufnahme durchgeführt werden.Koch in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BGB Band 7, Familienrecht I, 6. Auflage 2013, § 1374 Rn. 29 Auch für das Nichtvorliegen von Einkünften im Sinne von § 1374 II BGB trifft denjenigen die Beweislast, der sich auf das Anfangsvermögen beruft.OLG Koblenz Urteil v. 10.08.2006 – 7 UF 850/05 = FamRZ 2006, 1839 = NJW-RR 2007, 2 

Umstritten ist allerdings, wie sich die Beweislast bei einem negativen Anfangsvermögen verhält. Der wohl herrschende Teil der Literatur vertritt insoweit die Auffassung, dass bei Vorliegen eines negativen Anfangsvermögens die Darlegungs- und Beweislast dem anderen Ehegatten für alle Umstände obliegt, die über die Existenz und Höhe eines aktiven oder passiven Vermögenswerts ein insgesamt höheres Passivsaldo ergeben.Brudermüller in: Palandt, BGB Kommentar, 73. Aufl. 2014, § 1374 Rn. 20 m.w.N; a.A. Krause ZFE 2009. 55 Ist allerdings noch nicht abschließend geklärt, ob das Anfangsvermögen tatsächlich ein Negativsaldo ausweist, da dies noch von einzelnen Vermögensgegenständen abhängig ist, trifft den Vermögensinhaber die Darlegungs- und Beweislast für Aktivposten, den anderen Ehegatten für Passivposten.Brudermüller in: Palandt, BGB Kommentar, 73. Aufl. 2014, § 1374 Rn. 20 m.w.N 

Wichtig insbesondere für die Beratung ist es, den Mandanten möglichst gleich im Erstgespräch auf die Darlegungs- und Beweislast hinzuweisen, einhergehend mit dem Rat, aus diesem Grund alle relevanten Unterlagen an einem vor Zugriffen des Ehegatten sicheren Ort aufzubewahren (vgl. auch § 1374 Rn.)

8) Anmerkungen

21§ 1374 BGB ist nach wie vor eine der zentralen Normen des Zugewinnausgleichsrechts. Die Zugewinnausgleichsrechtsreform hat durch die Einführung des § 1374 III BGB dazu beigetragen, dass der Schuldenabbau während der Ehe auch dem anderen Ehegatten zugute kommt.
Es bleibt überdies abzuwarten, ob sich die Rechtsprechung zur Erweiterung der Erwerbstatbestände nach § 1374 II BGB auch auf Dauer hält. Angesichts der kürzlich ergangenen Entscheidung zum Lotteriegewinn, in dem die langjährige Praxis erneut bestätigt wurde, ist allerdings davon auszugehen, dass hier so bald kein Abrücken erfolgen wird.


Fußnoten