Schliessen
von Göler (Hrsg.) / Caspar Lücke / § 32
Versionen

§ 32 Mitgliederversammlung; Beschlussfassung

(1) Die Angelegenheiten des Vereins werden, soweit sie nicht von dem Vorstand oder einem anderen Vereinsorgan zu besorgen sind, durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Mitglieder geordnet. Zur Gültigkeit des Beschlusses ist erforderlich, dass der Gegenstand bei der Berufung bezeichnet wird. Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

(2) Bei der Berufung der Versammlung kann vorgesehen werden, dass Mitglieder auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und andere Mitgliederrechte ausüben können (hybride Versammlung). Die Mitglieder können beschließen, dass künftige Versammlungen auch als virtuelle Versammlungen einberufen werden können, an der Mitglieder ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen und ihre anderen Mitgliederrechte ausüben müssen. Wird eine hybride oder virtuelle Versammlung einberufen, so muss bei der Berufung auch angegeben werden, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.

(3) Auch ohne Versammlung der Mitglieder ist ein Beschluss gültig, wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschluss schriftlich erklären.

Für den Rechtsverkehr

(für Nichtjuristen)

zum Expertenteil (für Juristen)

Bedeutung für den Rechtsverkehr, häufige Anwendungsfälle

Mit dem durch das Gesetz zur Ermöglichung hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht vom 14.03.2023 neu eingefügten § 31 II BGB ermöglicht der Gesetzgeber nun auch dem Verein, die Mitgliederversammlung alternativ zu einer Präsenzversammlung in virtueller oder aber hybrider Form durchzuführen. Diese alternativen Versammlungsformate gelten sowohl für die Mitgliederversammlung des Idealvereins (§ 21 BGB), des wirtschaftlichen Vereins (§ 22 BGB) und analog auch für die Mitgliederversammlung des nicht eingetragenen Vereins (§ 54 BGB). Über die Verweisung in § 84b 1 BGB gilt § 32 II BGB für Stiftungsorgane entsprechend, wenn in der dortigen Satzung nicht Abweichendes geregelt ist.

Expertenhinweise

(für Juristen)

1) Allgemeines

1Die Mitgliederversammlung ist das oberste Vereinsorgan. Das lässt sich z.B. mit einem Verweis auf die §§ 27 I, 33 I 1 oder 41 BGB begründen. Dort ist bestimmt, das die Mitgliederversammlung den Vorstand bestellt, für einen Beschluss über die Änderung der Satzung zuständig ist und den Verein durch Beschluss auflösen kann.

2Auch wenn § 27 I bzw. § 32 BGB wegen § 40 BGB grundsätzlich dispositiv ist, gilt dieses nicht für § 41 BGB, was einen eindeutigen Beleg für die Einordnung der Mitgliederversammlung als oberstes Vereinsorgan darstellt. Denn die endgültige Entscheidung über die Beendigung des Vereins liegt allein bei der Mitgliederversammlung als Gesamtheit der zur Beschlussfassung über die Auflösung des Vereins eingeladenen und erschienenen Mitglieder. Im allgemeinen Sprachgebrach bzw. in der Satzungsgestaltung wird die Mitgliederversammlung auch regelmäßig als Voll-, Haupt-, Generalversammlung oder aber Konvent bezeichnet.

3Mit dem Gesetz zur Ermöglichung hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht vom 14.03.2023 wurde § 32 II BGB neu eingefügt. Mit dieser Gesetzesänderung kann nun auch ein Verein die Mitgliederversammlung anstelle einer Präsenzversammlung z.B. wieder in virtueller oder aber hybrider Form durchführen. Wieder deshalb, weil ihm entsprechendes während der Corona-Pandemie über § 5 des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (GesRuaCOVBekG/COVMG) gestattet war. Dieses Gesetz trat am 22.08.2022 außer Kraft. Mit dem neu eingefügten § 32 II BGB verfolgt der Gesetzgeber den bewährten Ansatz aus dem GesRuaCOVBekG/COVMG weiter. Aufgrund der bereits im Gesetz geregelten Ermächtigung bedarf es zur Entscheidung und Durchführung einer Mitgliederversammlung in den gesetzlich bestimmten alternativen Versammlungsformaten grundsätzlich keiner weiteren Gestattung durch die Satzung.

4Bei der AG (§ 118a AktG) und bei der eG (§ 43b GenG) hat der Gesetzgeber ebenfalls aufgrund der positiven Erfahrungen mit diesen alternativen Versammlungsformaten gegenüber der Präsenzversammlung während der Corona-Pandemie entsprechende Regelungen eingeführt.

a) Normzweck

5§ 32 BGB begründet die grundsätzliche und umfassende Zuständigkeit der Mitgliederversammlung als Willensbildungsorgan des Vereins, wenn sich die Satzung des Vereins auf die Organe Vorstand und Mitgliederversammlung als die gesetzlich zwingend zu bildenden Vereinsorgane beschränkt. § 32 I 1 BGB bestimmt für den Fall, dass die Angelegenheiten des Vereins nicht vom Vorstand oder einem anderen Vereinsorgan zu erledigen sind, dass diese Angelegenheiten in einer Versammlung der Mitglieder durch Beschlüsse entschieden/geordnet werden.

6Nach § 32 I 2 BGB ist es für die Wirksamkeit des von den Mitgliedern zu fassenden Beschlusses unerlässlich, dass der Gegenstand (also das Thema), über welchen die Mitgliederversammlung entscheiden soll, bereits bei der Einladung sämtlichen Mitgliedern des Vereins bekannt zu machen ist. Dieser gesetzlichen Anforderung wird in der Praxis mit einer Tagesordnung genügt, die den Mitgliedern grundsätzlich mit der Einladung zur Mitgliederversammlung zugeleitet wird und der insbesondere die zur Beschlussfassung angekündigten Tagesordnungspunkte zu entnehmen sind.

7Schließlich bestimmt § 32 I 3 BGB, dass bei der Beschlussfassung die Mehrheit der abgegebenen Stimmen entscheidet. Zu beachten sind aber die von Gesetzes wegen statuierten höheren Mehrheiten, wie z.B. die Änderung der Satzung des Vereins. Für diese bestimmt § 33 I 1 BGB eine Mehrheit von drei Vierteln der angegebenen Stimmen.

b) Zuständigkeit der Mitgliederversammlung

8Wie einleitend bereits ausgeführt, besitzt die Mitgliederversammlung nach § 32 I 1 BGB subsidiäre Organkompetenz für die Regelung der Vereinsangelegenheiten, soweit nicht Gesetz oder Satzung dem Vorstand oder einem anderen Organ Rechte und Pflichten zuweisen.OLG Celle, Beschluss vom 28.08.2017 – 20 W 18/17; NJW-RR 2017, 1186

c) Verfahren der Mitgliederversammlung

(1) Einberufung Mitgliederversammlung

9Die Einberufung der Mitgliederversammlung ist eine Handlung durch die vereinsinterne Vertretung.

(a) Zuständigkeit

10Die Zuständigkeit für die Einberufung der Mitgliederversammlung bestimmt sich grundsätzlich nach der Satzung. Sofern die Satzung nichts anderes regelt, ist der Vorstand als Vertretungsorgan des Vereins i.S.v. § 26 BGB für die Einberufung der Mitgliederversammlung zuständig.BayObLGZ 1985, 24 (29); OLG Hamm NJW-RR 1989, 1532 (1533)

11Ein ordnungsmäßiger Vorstandsbeschluss muss der Einberufung nicht zugrunde liegen. Erforderlich ist ausschließlich, dass die Vorstandsmitglieder bei einem mehrgliedrigen Vorstand in der für die gesetzliche Vertretung erforderlichen Zahl mitwirken.BayObLGZ 1985, 29 Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, ist für die Frage, wie viele Vorstandsmitglieder zur Vertretung des Vereins erforderlich sind, die Satzung maßgeblich. Dabei muss aber jedes Vorstandsmitglied vertretungsbefugt sein. Fehlt eine Regelung in der Satzung, müssen bei einem aus zwei Personen bestehenden Vorstand beide Vorstandsmitglieder gemeinschaftlich handeln. Besteht der Vorstand dagegen aus drei oder mehr Personen, wird der Verein durch die Mehrheit der Vorstandsmitglieder vertreten (§ 26 Abs. 2 S. 1 BGB).Sauter/Schweyer/Waldner Eingetragener Verein, Rn. 231 Bestimmt die Satzung, dass jedes Vorstandsmitglied einzelvertretungsberechtigt ist, so ist es auch möglich, dass jedes Vorstandsmitglied allein die Mitgliederversammlung wirksam einberuft.Sauter/Schweyer/Waldner Eingetragener Verein, Rn. 157a

(b) Einberufungsfrist

12Die Satzung kann eine Frist für die Einberufung der Mitgliederversammlung festlegen. Eine gesetzlich bestimmte Einberufungsfrist existiert nicht. Die Mitgliederversammlung muss jedenfalls so rechtzeitig einberufen werden, dass sich die Mitglieder darauf vorbereiten können. Die Nichtbeachtung der Einhaltung der Einberufungsfrist verkörpert einen Einberufungsmangel.OLGZ 1971, 480

13Die Frage der Angemessenheit der Einberufungsfrist für den Fall, dass die Satzung des Vereins eine solche nicht bestimmen sollte, richtet sich hierbei nach den Umständen des Einzelfalls. Indikator könnte sein, dass die Einladungsfrist bei wesentlichen Beschlussfassungen, bei denen die Satzung oder aber das Gesetz eine größere Mehrheit als die einfache Mehrheit für die Beschlussfassung vorschreibt, länger zu bemessen ist, als wenn zu einer Mitgliederversammlung eingeladen werden soll, in der keine Beschlüsse vorgesehen sind.

14Auch ist es vertretbar, wenn man sich für den Fall, dass in der Satzung des Vereins keine Einladungsfrist bestimmt ist, an den gesetzlich geregelten Mindesteinladungsfristen der AG, der eG oder der GmbH orientiert. Schließlich ist der Verein die Grundform der juristischen Person und damit der AG, der eG und der GmbH. Nach allgemeiner Auffassung sind die Regelungen über den Verein auch für die AG, die eG und die GmbH entsprechend anzuwenden, wenn deren Spezialgesetze keine Regelung treffen.Noack, GmbHR, 2010, Rn. 81 Im Umkehrschluss können in Ermangelung einer gesetzlich bestimmten Einberufungsfrist für den Verein sowie beim Fehlen einer satzungsrechtlichen Regelung die für die vorgenannten Rechtsformen gesetzlich geregelten Einladungsfristen zumindest als Indikator für eine angemessene Fristbestimmung herangezogen werden.

15Für die Einberufung der Gesellschafterversammlung der GmbH bestimmt § 51 I 2 GmbHG eine Frist von mindestens einer Woche. Gemäß § 123 I AktG ist die Hauptversammlung der AG mindestens dreißig Tage vor dem Tag der Versammlung einzuberufen. Die Generalversammlung der eG ist gemäß § 46 I 1 GenG mit einer Frist von mindestens zwei Wochen einzuberufen.

16Bei der Berechnung der Einladungsfrist ist auf die §§ 187 I, 188 II BGB abzustellen. Der Tag der Einberufung wird bei der Berechnung nicht berücksichtigt. Zudem endet die Frist erst mit dem Ablauf des letzten Tages. Bei einer postalischen Einberufung der Mitgliederversammlung ist entsprechend § 130 BGB für die Einhaltung der Frist nicht der Tag der Aufgabe, sondern der Tag des Zugangs der Einladung bei dem Mitglied maßgebend.OLG Naumburg, Urteil vom 23.02.1999 - 7 U (Hs) 25/98, NZG 2000, 44 (45) Daher sind die Postlaufzeiten bei der Einberufung der Mitgliederversammlung bereits einzukalkulieren.
Unter Zugrundelegung einer exemplarischen Einberufungsfrist von vierzehn Tagen ergibt sich unter Beachtung der §§ 187 I, 188 II BGB nachfolgendes Berechnungsbeispiel für eine ordnungsgemäße Einberufung der Mitgliederversammlung.

Die Mitgliederversammlung soll am 27. Mai stattfinden. Die Satzung
 regelt eine Einladungsfrist von 14 Tagen. Damit müssen die Einladung
 und die Tagesordnung zur Mitgliederversammlung
 spätestens am 12. Mai dem Mitglied vorliegen.

17Ist innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so tritt gemäß § 193 BGB an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag.

18Fällt der 12. Mai also beispielsweise auf einen Sonntag, verlängert sich das Fristende gemäß § 195 BGB auf den darauf folgenden nächsten Werktag. Dementsprechend müssen die Einladung und die Tagesordnung zur Mitgliederversammlung dem Mitglied in diesem Fall spätestens an dem, diesem Sonntag/Feiertag vorgehenden, Werktag vorliegen

19Die Berechnung der Einladungsfrist sollte sorgfältig erfolgen. Denn ein Verstoß gegen die Einladungsfrist hat eine nicht ordnungsgemäß eingeladene Mitgliederversammlung zur Folge und begründet damit die Anfechtbarkeit sämtlicher auf der Mitgliederversammlung gefassten Beschlüsse durch ein Mitglied.

(c) Einladung zur Mitgliederversammlung

20Unter der Annahme, dass der Vorstand des Vereins für die Einladung zur Mitgliederversammlung zuständig ist, könnte eine Einladung zur Mitgliederversammlung eines Vereins wie folgt formuliert werden:

Name des Vereins
Straße
PLZ und Ort

Anrede und Name des Mitgliedes
Straße
PLZ und Ort

Ort, Datum

Einladung zur Mitgliederversammlung des … [Name des Vereins]

Sehr geehrtes Mitglied,

hiermit möchten wir zur

ordentlichen Mitgliederversammlung in Präsenz

am Tag, Datum, um Uhrzeit Uhr

in Veranstaltungsort
 Straße
 PLZ und Ort

einladen.

Wir freuen uns auf eine rege Beteiligung und einen interessanten Austausch.

Der Vorstand

Name des Vorstandsvorsitzenden Name des stellv. Vorsitzenden
Vorsitzender Stellvertretender Vorsitzender

Anlage:
- Tagesordnung

(d) Tagesordnung

21Die Tagesordnung hat die Mitglieder des Vereins allgemein über die Inhalte der Mitgliederversammlung, vor allem aber über die Beschlussgegenstände zu unterrichten, über die in der Mitgliederversammlung verhandelt werden soll.NJW 1975, 1559 (1560)

22Gemäß § 32 I 2 BGB wird ein Beschluss nur dann wirksam gefasst, wenn sein Gegenstand zuvor in der Einberufung/Tagesordnung so genau bezeichnet worden ist, dass den Mitgliedern eine sachgerechte Vorbereitung und eine Entscheidung darüber möglich ist, ob sie an der Mitgliederversammlung teilnehmen wollen.BGH, Urteil vom 02.07.2007 - II ZR 111/05; NJW 2008, 69

23Der Wortlaut der Anträge, über die Beschluss gefasst werden soll, und sonstige Einzelheiten der beabsichtigten Beschlussfassung, muss in der Tagesordnung nicht mitgeteilt werden.BayObLG, Beschluss vom 21.02.1973 - 2 Z 3/73, BayObLGZ 1973, 68 Aus Praxiserwägungen könnte es sich aber zumindest bei bestimmten Beschlussgegenständen, wie z. B. Satzungsänderungen, empfehlen, den Mitgliedern mit der Einladung zur Mitgliederversammlung zusätzliche Informationen – bestenfalls eine Gegenüberstellung der zur Änderung beabsichtigten Satzungsregelungen nebst Erläuterung, warum die Änderung vorgeschlagen wird – zur Verfügung zu stellen, um Transparenz für die Mitglieder zu schaffen und zudem eine sachgerechte Diskussion in der Mitgliederversammlung zu gewährleisten.

24Bei Satzungsänderungen sind die zur Abstimmung gestellten neuen Satzungsteile weder in der Einladung noch in der Tagesordnung selbst wörtlich mitzuteilen. Allerdings sind die zu ändernden Satzungsbestimmungen in der Tagesordnung zumindest zu bezeichnen. Eine Ankündigung des satzungsändernden Beschlusses durch einen Tagesordnungspunkt „Satzungsänderung“ oder „Neufassung der Satzung“ ist grundsätzlich nicht ausreichend.OLG Celle, Beschluss vom 23.08.2011 - 20 W 15/11, FGPrax 2012, 34 Vielmehr müssen bei sachlichen Änderungen zumindest der Tagesordnung die zu ändernden Bestimmungen/die Satzungsparagraphen zu entnehmen sein, die geändert werden sollen. Bei bloß redaktionellen Änderungen ist auf die Neufassung oder die Folgeänderung hinzuweisen.BeckOK BGB/Schöpflin, 67. Ed. 1.8.2023, BGB § 32 Rn. 16

25Die Anforderungen an die Erfordernisse sind jedoch von den Umständen des Einzelfalles abhängig zu machen. Sind den Mitgliedern die zu ändernden Satzungsbestimmungen aus früheren, noch nicht abgeschlossenen Beratungen bekannt, kann der Hinweis „Satzungsänderung entsprechend früherer Erörterung“ ausreichen.LG Bremen, Beschluss vom 10.8.1988 - 2 T 365/88, BeckRS 1988, 2748

26Davon ausgehend, dass die Mitgliederversammlung durch den Vorstand des Vereins geleitet wird und der Vorstand zudem durch die Mitgliederversammlung gewählt wird, kann eine Tagesordnung wie folgt verfasst werden:

Tagesordnung zur ordentlichen Mitgliederversammlung des
[Name des Vereins]

1. Begrüßung
2. Eröffnung der Mitgliederversammlung
3. Feststellung der ordnungsgemäßen Einladung
4. Feststellung der Beschlussfähigkeit
5. Genehmigung der Tagesordnung
6. Jahresbericht des Vorstands für das abgelaufene Kalenderjahr
7. Bericht der Rechnungs-/Kassenprüfers
8. Entlastung des Vorstands
9. Wahlen zum Vorstand
Es scheidet aus dem Vorstand: Name
10. Verschiedenes

Exkurs zur Rechnungslegung/Bilanzierung

27Der Verein hat gemäß §§ 27 III, 664 bis 670 BGB seinen Mitgliedern gegenüber eine Rechenschaftspflicht. Der Verein muss demzufolge die Einnahmen und Ausgaben aufzeichnen und entsprechende Belege vorweisen können sowie ein Vermögensbestandsverzeichnis nach § 260 I BGB führen.

28Nach den Vorschriften des BGB hat ein Verein keine Bilanz mit Gewinn- und Verlustrechnung zu erstellen. Es bestehen auch keine handelsrechtlichen Vorgaben für einen Verein zu einer Rechnungslegung, da regelmäßig kein Handelsgewerbe betrieben wird und eine Bilanzierungspflicht gemäß § 242 HGB grundsätzlich nur für Kaufleute besteht.

29Eine Pflicht zur Bilanzierung kann sich für den Verein jedoch aus dem Steuerrecht ergeben. Nach den originären steuerlichen Buchführungspflichten gemäß § 141 AO sind Vereine verpflichtet, Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu erstellen, wenn gewisse Voraussetzungen vorliegen und sich nicht bereits eine abgeleitete Buchführungspflicht aus § 140 AO ergibt.

30Eine abgeleitete Buchführungspflicht nach § 140 AO hat derjenige, der nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen, Bücher und Aufzeichnungen zu führen hat, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, die Verpflichtungen, die ihm nach diesen Gesetzen obliegen, auch für die Besteuerung zu erfüllen.
Darüber hinaus greifen die originären steuerlichen Buchführungspflichten ein, wenn sich gemeinnützige Körperschaften als gewerbliche Unternehmer oder als Land- und Forstwirte betätigen und die Bemessungsgrenzen gemäß § 141 AO überschritten werden.

31Ein Verein der in nennenswertem Umfang über Anlagevermögen, Forderungen, Verbindlichkeiten, Rückstellungen und Abgrenzungsposten verfügt, die jährlichen Umsatz- oder Gewinngrenzen aber nicht überschreitet, kann dennoch freiwillig bilanzieren. Auf diese Weise kann im Vergleich zu der Einnahmen-Überschuss-Rechnung ein aussagekräftigeres Bild über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Vereins geschaffen werden.

32Entscheidet sich ein Verein für eine freiwillige Bilanzierung oder obliegt ihm eine anderweitige Verpflichtung zur Bilanzierung, hat die Feststellung des Jahresabschlusses gemäß § 32 I BGB durch Beschlussfassung in der Mitgliederversammlung zu erfolgen.

33Die Tagesordnung könnte abweichend von dem vorausgehenden Beispiel wie folgt verfasst werden:

Tagesordnung zur ordentlichen Mitgliederversammlung des
Name des Vereins

1. Begrüßung
2. Eröffnung der Mitgliederversammlung
3. Feststellung der ordnungsgemäßen Einladung
4. Feststellung der Beschlussfähigkeit
5. Genehmigung der Tagesordnung
6. Jahresbericht des Vorstands für das abgelaufene Kalenderjahr
7. Bericht der Rechnungsprüfer
8. Feststellung des Jahresabschlusses
9. Entlastung des Vorstands
10. Wahlen für den Vorstand
Es scheidet aus dem Vorstand: Name
11. Verschiedenes

(2) Leitung der Mitgliederversammlung

34Die Satzung hat die Person zu bestimmen, der die Leitung der Mitgliederversammlung obliegt, da das Vereinsrecht selbst keine Vorschrift über die Zuständigkeit für die Versammlungsleitung beinhaltet. Ist eine Satzungsbestimmung nicht vorhanden, fällt die Versammlungsleitung zunächst dem Vorstand als dem geschäftsführenden Organ des Vereins zu.

35Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, ist der Vorsitzende des Vorstands kraft dieser Stellung Versammlungsleiter. Bei Verhinderung des Vorstandsvorsitzenden ist es der stellvertretende Vorsitzende. Ist auch dieser verhindert, kann jedes weitere Vorstandsmitglied die Versammlungsleitung übernehmen.

36Nach dem Grundsatz, dass die Mitgliederversammlung für die Regelung aller Vereinsangelegenheiten zuständig ist, wenn ihr die Zuständigkeit nicht ausdrücklich durch die Satzung genommen und einem anderen Vereinsorgan übertragen ist, kann die Mitgliederversammlung in Ermangelung einer Satzungsbestimmung auch aus ihrer Mitte heraus mit einfacher Mehrheit einen Versammlungsleiter wählen.MHdB GesR V, § 25 Notwendige Organe, Rn. 32 Der Versammlungsleiter muss hierbei nicht zwingend Vereinsmitglied sein. Daher kann es unter Umständen zweckmäßig erscheinen, fachkundige Dritte wie beispielsweise einen Rechtsanwalt als neutrale Person durch Beschluss zum objektiven Versammlungsleiter zu wählen.

37Der Versammlungsleiter hat für die sachgerechte Durchführung der Mitgliederversammlung zu sorgen, insbesondere für die ordnungsgemäße Beschlussfassung. Zusammenfassend ergeben sich insbesondere die nachfolgenden Aufgaben und Befugnisse des Versammlungsleiters:

- Eröffnung der Mitgliederversammlung
- Feststellung der Beschlussfähigkeit
- Bekanntgabe der Tagesordnung
- Leitung der Beschlussfassung der Mitgliederversammlung
- Feststellung des Abstimmungsergebnisses
- Beschränkung der RedezeitBGH, Urteil vom 11.11.1965 - II ZR 122/63, NJW 1966, 43
- Ausschluss eines Mitglieds von der Teilnahme an der Mitgliederversammlungwie zuvor
- Beteiligung an der SachdiskussionKG, Urteil vom 12.03.1957 - 2 U 2347/56, NJW 1957, 1680
- Schließung der Versammlung

(3) Ort und Zeit der Mitgliederversammlung

38Die Einberufung hat den Ort und die Zeit der Mitgliederversammlung festzulegen. In der Wahl des Ortes und der Zeit ist das für die Einberufung der Mitgliederversammlung zuständige Organ grundsätzlich frei.

39Die Mitgliederversammlung muss nicht zwingend am Sitz des Vereins (§ 24 BGB) stattfinden. Enthält die Satzung keine Vorgaben für den Ort der Mitgliederversammlung, kann diese an einem anderen Ort als dem Sitz durchgeführt werden, sofern dieser Ort den Mitgliedern ihre Teilnahme nicht unverhältnismäßig erschwert.OLG Brandenburg, Urteil vom 30.11.2022 - 7 U 193/21 (LG Potsdam), BeckRS 2022, 39937

40Die Zeit der Versammlung muss verkehrsüblich und für die Mitglieder zumutbar sein.OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.08.1982 - 20 W 403/82, OLGZ 1982, 418, NJW 1983, 398 An Sonn- und Feiertagen darf die Mitgliederversammlung grundsätzlich nicht vor 11.00 Uhr beginnen.BayObLG, Beschluss vom 25.06.1987 - 2 Z 68/86, NJW-RR 1987, 1362; LG Schleswig, Beschluss vom 06.04.1987 - 2 W 144/85, NJW-RR 1987, 1362.

(a) Präsenzveranstaltung

41Die Mitgliederversammlungen von Vereinen finden grundsätzlich in Präsenz statt. Eine Ausnahme von der Abhaltung einer Versammlung in Präsenz bestand bislang nur dann, wenn die virtuelle Abhaltung in der Satzung ausdrücklich vorgesehen war oder die ausdrückliche Zustimmung aller Mitglieder vorlag.

42Gemäß § 58 Nr. 4 BGB soll die Satzung eines eingetragenen Vereins Bestimmungen über die Voraussetzungen der Einberufung von Mitgliederversammlungen enthalten. Aufgrund der nunmehr bereits im Gesetz geregelten Möglichkeit der Durchführung der Mitgliederversammlung eines Vereins als z.B. virtuelle oder aber hybride Versammlung – beide Versammlungsformate werden nachfolgend noch näher beleuchtet – dürfte es sich für den Fall der Durchführung der Mitgliederversammlung in Anwesenheit der eingeladenen und erschienenen Mitglieder empfehlen, in der Einladung oder Tagesordnung explizit darauf hinzuweisen, dass die Versammlung in Präsenz stattfindet.

43Im Allgemeinen haben die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen losgelöst von der Präsenzversammlung die Notwendigkeit und Vorteile virtueller Versammlungsformate aufgezeigt. Von den mehrheitlich positiven Erfahrungen mit virtuellen bzw. hybriden Formaten sollte daher auch im Vereinsleben zukünftig profitiert werden.
Wie oben bereits zum Ausdruck gebracht, beinhaltete das GesRuaCOVBekG für den Verein Regelungen zur rechtssicheren Durchführung virtueller Versammlungsformate. Die Regelung des § 5 II Ziff. 1 GesRuaCOVBekG ermöglichte hierbei die Durchführung digitaler Mitgliederversammlungen auch ohne eine Satzungsregelung. Diese pandemiebedingte gesetzliche Sonderregelung gestattete in den vergangenen Jahren bis zu dem Zeitpunkt des Außerkrafttretens mit Ablauf des 31.08.2022 somit die verlässliche Durchführung von Mitgliederversammlungen auch in virtuellen oder hybriden Formaten. Ab dem 01.09.2022 waren virtuelle Mitgliederversammlungen dann nur noch mit einer entsprechenden Satzungsregelung möglich.

44Erfahrungsgemäß soll zu der gewohnten Präsenzversammlung zurückgekehrt werden. Allerdings ist eine rechtssichere virtuelle oder hybride Versammlungsmöglichkeit oftmals ausdrücklich erwünscht, selbst wenn dieses Format ausschließlich nur im Ausnahmefall in Anspruch genommen werden soll.

45Eine rein virtuelle Versammlung mit den entsprechend hohen technischen und organisatorischen Anforderungen für eine rechtssichere Durchführung kann die Möglichkeiten kleinerer Vereine eventuell übersteigen, für die einfachere Formate erforderlich sind. Hybride Formate bieten daneben die Möglichkeit, durch virtuelle Zuschaltung die Teilnahme einer Präsenzversammlung zu beleben.

46Im Hinblick auf die zwischenzeitlich außer Kraft getretene Regelung des § 5 II Ziff. 1 GesRuaCOVBekG wurde durch das Gesetz zur Ermöglichung hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht vom 14.03.2023 nunmehr § 32 II BGB eingefügt und der bisherige § 32 II wurde zu § 32 III BGB.BR-Drucksache 55/23 Dies verfolgt den Zweck, die Mitgliedschaftsrechte zu stärken und das ehrenamtliche Engagement zu fördern.

47Der Vereinsvorstand kann gemäß § 32 II BGB nun auch ohne Ermächtigung in der Satzung bei der Einberufung der Mitgliederversammlung vorsehen, dass die Vereinsmitglieder ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der Bild- und Tonübertragung teilnehmen und Mitgliederrechte ausüben können.

(b) Virtuelle Mitgliederversammlung

48Gemäß § 32 II 2 BGB können die Mitglieder beschließen, dass künftige Versammlungen als virtuelle Versammlungen einberufen werden.
Damit kann – und insoweit abweichend von der nachfolgend erläuterten hybriden Versammlung – eine virtuelle Versammlung erst nach einer entsprechenden Beschlussfassung der Mitgliederversammlung zukünftig als virtuelle Versammlung einberufen werden.
Durch den Beschluss der Mitglieder wird das Einberufungsorgan zu der Einberufung einer rein virtuellen Versammlung ermächtigt, wobei sich die Ermächtigung auf eine einzelne oder auf alle künftigen Versammlungen erstrecken kann. Die Ermächtigung kann ihrerseits sodann durch Beschluss der Mitgliederversammlung wieder zurückgenommen werden. Die Entscheidung über die tatsächliche Einberufung einer virtuellen Versammlung liegt letztendlich im Ermessen des Einberufungsorgans, da es sich ausschließlich um eine Ermächtigung handelt.

49Bei einer virtuellen Versammlung – in der Praxis auch als digitale Mitgliederversammlung bezeichnet – wird die Mitgliederversammlung ohne physische Anwesenheit der Mitglieder am Versammlungsort oder deren Vertreter im Wege der elektronischen Kommunikation abgehalten und die Rechte der Mitglieder ausgeübt. Die dem Vorstand eines Vereins angehörigen Personen müssen grundsätzlich nur dann Mitglieder des Vereins sein, wenn die Satzung dies ausdrücklich oder schlüssig vorschreibt.Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 09.02.2016, I – 3 Wx 4/16 Daher kann die Mitgliederversammlung grundsätzlich vollständig virtuell und auch ohne physische Anwesenheit des Vorstandes bzw. anderer in der Satzung bestimmter Organe am Versammlungsort abgehalten werden. Dieses ist letztlich der „einzige“ Unterschied zur Präsenzversammlung,Vielwerth, npoR 2023, S. 191 es sei denn, die Satzung enthält für die virtuelle Mitgliederversammlung von der Präsenzversammlung abweichende Regelungen.

(c) Hybride Mitgliederversammlung

50Entsprechend § 32 II 1 BGB kann die hybride Versammlungsform bei der Berufung der Mitgliederversammlung vorgesehen werden. Damit kann eine Mitgliederversammlung unter Nutzung dieses Versammlungsformats anders als die virtuelle Mitgliederversammlung gemäß § 32 II 2 BGB bereits bei der Einberufung bestimmt werden. Bei der virtuellen Mitgliederversammlung bedarf es ja eines vorherigen Beschlusses der Mitglieder, dass künftige Versammlungen auch als virtuelle Versammlungen einberufen werden können.

51Bei einer hybriden Versammlung wird die Mitgliederversammlung an einem Ort abgehalten, an dem ein Teil der Mitglieder oder deren Bevollmächtigte gemeinsam physisch anwesend sind, während ein anderer Teil der Mitglieder bzw. deren Bevollmächtigte zeitgleich ohne physische Anwesenheit vor Ort auf dem Wege der elektronischen Kommunikation teilnimmt.

52Wird eine hybride Versammlung durchgeführt, muss der physische Versammlungsort den Versammlungsteilnehmern zugänglich sein. Das bedeutet, dass die Mitgliederversammlung in Bild und Ton an den Ort, an dem sich ein Mitglied, der Vorstand oder ein anderes durch die Satzung bestimmtes Organ aufhält, und an den Ort übertragen werden muss, den die Mitgliederversammlung als physischen Versammlungsort bestimmt hat.

53Auch bei virtuellen oder hybriden Versammlungen gelten die satzungsmäßigen Abstimmungsmodalitäten, deren Anwendbarkeit unter Umständen nicht praktikabel erscheint. Beispielsweise ist bei einer großen Mitgliederanzahl und einer hohen Anzahl an Abstimmungen eine Auszählung von Handzeichen durch in die Kamera abgegebener Stimmen mühsam. Anders als bei einer Präsenzveranstaltung können eindeutige Abstimmungsergebnisse zudem nicht auf den ersten Blick erkannt werden. Neben dem Einsatz einer Software für die Videokonferenz erscheint der Einsatz einer weiteren Software zu Abstimmungszwecken daher sinnvoll. Es kann sich bei konfliktträchtigen Abstimmungen zudem anbieten, die Stimmen durch eine Abstimmungssoftware zu dokumentieren. Abstimmungssoftwares ermöglichen es ferner, geheim abzustimmen und somit den in der Satzung ggf. enthaltenen Erfordernissen geheimer Abstimmungen in Bezug auf bestimmte Beschlussgegenstände gerecht zu werden.

54Zur Ausübung des Stimmrechts stehen darüber hinaus weitere Möglichkeiten zur Verfügung. In Betracht kommen die Abstimmung per E-Mail, wobei die Stimmabgabe durch ein Internet-Formular erfolgt, das online ausgefüllt und abgeschickt werden kann, so dass die Abstimmenden identifiziert werden können. Auch die Abstimmung in einem Chat-Room, in welchem ebenfalls auf ein Internetformular verwiesen werden kann, ist möglich. Durch einen eigenständigen Authentifizierungsmechanismus sollte zudem stets sichergestellt werden, dass nur stimmberechtigte Personen abstimmen. Hierfür bieten sich beispielsweise ein Passwortschutz oder der kurzfristige Versand des Links zur Abstimmung an die Mitglieder per E-Mail an.Schwenn/Blacher, npoR, 2020, 154

55Entsprechend der vorstehenden Ausführungen sind sowohl rein virtuelle Versammlungen als auch hybride Versammlungen mit technischen und organisatorischen Anforderungen verknüpft, die eine Umsetzbarkeit für kleinere Vereine unter Umständen ausscheiden lassen und für die einfachere Versammlungsformate erforderlich sind.

(d) Schriftliches Verfahren

56Mit dem Gesetz zur Ermöglichung hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht vom 14.03.2023 wurde der bisherige Absatz 2 des § 32 BGB zu Absatz 3. Gemäß § 32 Abs. 3 BGB ist ein Beschluss auch ohne Versammlung der Mitglieder gültig, wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschluss schriftlich erklären.

57Die schriftliche Erklärung umfasst dabei die Schriftform nach § 126 BGB sowie die elektronische Form nach § 126a BGB. Nach § 126 BGB bedarf die Zustimmung der Unterzeichnung durch eigenhändige Namensunterschrift des Mitgliedes oder mittels notariell beglaubigtem Handzeichen. Soll die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form nach § 126 BGB durch die elektronische Form gemäß § 126a BGB ersetzt werden, muss das Mitglied der Zustimmung seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Eine einfache E-Mail genügt den Anforderungen an die elektronische Form nach § 126a BGB folglich nicht.

(e) Gestrecktes Verfahren

58Vorbehaltlich einer Bestimmung in der Satzung kann die Mitgliederversammlung auch im Wege eines gestreckten Verfahrens abgehalten werden. Denn § 40 BGB bestimmt ja, dass § 32 BGB keine Anwendung findet, wenn die Satzung etwas anderes bestimmt. Damit kann dieses nachfolgend näher erläuterte Versammlungsformat ergänzend zu den in § 32 BGB bestimmten Formaten in der Satzung des Vereins geregelt werden.

59In § 43b Abs. 5 GenG sind die konkreten Anforderungen an eine Versammlung im gestreckten Verfahren geregelt, auf die man vorliegend für die Satzungsgestaltung zurückgreifen kann. Eine Mitgliederversammlung im gestreckten Verfahren bei einer eG spaltet sich grundsätzlich in eine Erörterungsphase, die als virtuelle oder hybride Versammlung abgehalten wird, und in eine mit zeitlichem Abstand nachfolgende Abstimmungsphase, in der die Beschlussfassung schriftlich oder in elektronischer Kommunikation erfolgt, auf. Gerade für das Zustandekommen wirksamer Beschlüsse in einer virtuellen oder aber hybriden Versammlung oder aber auch zur Gewähr einer geheimen Stimmabgabe könnte sich eine schriftliche Abstimmung im Anschluss an eine virtuelle oder aber hybride Mitgliederversammlung empfehlen. Auch könnte ein solches Format eine kostengünstigere Alternative zur virtuellen/hybriden Versammlung darstellen. Dieses vor allem vor dem Hintergrund der Wahrung der geheimen Stimmabgabe und insbesondere der Sicherstellung, dass nur Mitglieder bzw. von diesen Bevollmächtigte an der z.B. schriftlichen Abstimmung teilnehmen.

60Bei allen dem gestreckten Verfahren zugrundeliegenden Formaten muss vom Verein sichergestellt werden, dass der gesamte Versammlungsverlauf schriftlich oder in elektronischer Kommunikation mitgeteilt wird und alle teilnehmenden Mitglieder - physisch, schriftlich oder digital - ihre Rede-, Antrags-, Auskunfts- und Stimmrechte in der Versammlung ausüben können.

(4) Beschlussfassung

61Die Willensbildung der Mitgliederversammlung vollzieht sich in Form von Beschlüssen, die die anwesenden Mitglieder fassen.

62Ein Beschluss ist ein aus einzelnen gleichlautenden Willenserklärungen zusammengesetztes Rechtsgeschäft eigener Art. Ein Beschluss bindet im Gegensatz zu Verträgen auch Mitglieder, die nicht zugestimmt haben, die nicht in der beschlussfassenden Mitgliederversammlung anwesend waren oder sich der Stimme enthalten haben.

(a) Stimmrecht und Stimmabgabe

63Das Stimmrecht ist das mitgliedschaftliche Mitverwaltungsrecht eines Vereinsmitglieds, durch die Stimmabgabe an der Beschlussfassung der Mitgliederversammlung und damit letztendlich an der grundsätzlichen Willensbildung des Vereins teilzunehmen. Zur Stimmabgabe berechtigt ist grundsätzlich jedes Mitglied.

64In die Satzung kann ein Stimmrechtsalter für Minderjährige aufgenommen werden. Daneben hat die Beitrittserklärung den Hinweis zu enthalten, dass mit der Unterschrift der Erziehungsberechtigten die Satzung und damit die Art der Stimmrechtsausübung anerkannt wird.

65Die Stimmabgabe durch einen Geschäftsunfähigen ist unwirksam und kann ausschließlich durch seinen gesetzlichen Vertreter vorgenommen werden. Geschäftsunfähig sind hierbei natürliche Personen, wenn sie das 7. Lebensjahr noch nicht vollendet haben sowie Geisteskranke (§ 104 Nr. 2 BGB).

66Der gesetzliche Vertreter kann Personen, die in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind, nach § 107 BGB die Einwilligung erteilen, das Stimmrecht selbst auszuüben. In der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind natürliche Personen vom 7. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres (§ 106 BGB).

67Beinhaltet die Satzung keine Regelung über das Stimmrecht minderjähriger oder geschäftsunfähiger Vereinsmitglieder, obliegt es grundsätzlich dem gesetzlichen Vertreter, das Stimmrecht auszuüben.

68Die Mitglieder üben ihr Stimmrecht grundsätzlich persönlich aus. Das Stimmrecht ist nicht übertragbar und kann einem anderen nicht zur Ausübung überlassen werden.
Die Mitglieder oder ihre gesetzlichen Vertreter können jedoch eine Stimmvollmacht erteilen, wenn die Satzung des Vereins diese Möglichkeit ausdrücklich vorsieht. Die Stimmvollmacht überträgt dem Vertreter hierbei alle Rechte des Mitglieds in der Mitgliederversammlung, dazu zählen insbesondere das Anwesenheits-, Rede-, Auskunfts- und Antragsrecht. Für die Vollmacht ist die Schriftform gemäß § 126 I BGB erforderlich. Die elektronische Form mit qualifizierter elektronischer Signatur gemäß § 126a BGB ist ebenfalls ausreichend.

69Grundsätzlich steht jedem Mitglied das gleiche Stimmrecht zu. Aus sachlichen Gründen kann die Satzung bestimmten Mitgliedern ein mehrfaches Stimmrecht gewähren.

70Die Stimmabgabe jedes abstimmenden Mitglieds ist eine empfangsbedürftige und bedingungsfeindliche Willenserklärung gegenüber dem Versammlungsleiter, dessen Rechtsfolge darauf gerichtet ist, durch Beschlussfassung eine Gesamtwillensbildung im Verein herbeizuführen.

71Da die Stimmabgabe eine Willenserklärung ist, finden die allgemeinen zivilrechtlichen Regeln einschließlich der zur Anfechtbarkeit wegen Willensmängeln Anwendung.

(b) Beschlussfähigkeit

72Die Anwesenheit einer bestimmten Mindestzahl von Mitgliedern ist nach dem Gesetz nicht vorgeschrieben. Eine Beschlussfähigkeit der Mitgliederversammlung besteht folglich auch bereits bei Anwesenheit eines einzigen Mitgliedes. Die Satzung kann die Beschlussfähigkeit der Mitgliederversammlung jedoch davon abhängig machen, dass eine bestimmte ZahlBGH, Urteil vom 12.01.1987 - II ZR 152/86 oder ein bestimmter Bruchteil der Gesamtzahl der Mitglieder - ein sogenanntes Quorum - anwesend ist.

(c) Art und Form der Abstimmung

73Der Mitgliederversammlung steht die Entscheidung über die Wahl der Form der Abstimmung frei, sofern die Satzung keine bestimmte Form für die Beschlussfassung vorschreibt.

74Für eine Abstimmung der Mitgliederversammlung kommen in Betracht die mündliche Abstimmung, eine Abstimmung durch Zuruf (Akklamation) oder durch Handzeichen, eine schriftliche oder schriftlich-geheime Abstimmung (mit verdeckten Stimmzetteln).Sauter/Schweyer/Waldner Eingetragener Verein, Rn. 209

(d) Notwendige Mehrheit

75Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 32 I 3 BGB). Entfallen mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen auf einen Beschlussantrag, ist dieser infolgedessen angenommen. Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen sind bei der Berechnung der Mehrheit nicht zu berücksichtigen.KG Berlin, Beschluss vom 23.5.2020 - 22 W 61/19, ZStV 2021, 150

76Soll bei der Beschlussfassung jedoch nicht die Mehrheit der abstimmenden, sondern der anwesenden Mitglieder entscheiden, so dass in der Folge auch Stimmenthaltungen mit der Wirkung von Nein-Stimmen mitgezählt werden, kann dies in Abweichung von § 32 I 3 BGB in der Satzung geregelt werden.BGH, Urteil vom 12.01.1987 - II ZR 152/86, NJW 1987, 2430

77Eine Ausnahme hiervon bildet ein Beschluss, der eine Änderung der Satzung enthält. Hierbei ist eine Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen erforderlich (§ 33 I 1 BGB). Auch zu der Änderung des Zweckes des Vereins ist die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich. Die Zustimmung der nicht erschienenen Mitglieder muss hierbei schriftlich erfolgen (§ 33 I 2 BGB) und kann im Vorfeld oder im Anschluss an die Mitgliederversammlung eingeholt werden.

78Sofern die Satzung nicht ein anderes bestimmt, kann der Verein durch Beschluss der Mitgliederversammlung aufgelöst werden. Für den Beschluss der Auflösung des Vereins ist eine Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen erforderlich (§ 41 S. 2 BGB).

(e) Feststellung des Beschlussergebnisses

79Der Feststellung des Abstimmungsergebnisses kommt im Vereinsrecht keine konstitutive Wirkung zu.BGH, Urteil vom 12.01.1987 - II ZR 152/86; OLG München, Beschluss vom 29. 1. 2008 - 31 Wx 78, 81/07, NZG 2008, 351 Ausschließlich der tatsächliche Beschluss der Mehrheit wird auch der Beschlussinhalt. Das bedeutet, dass anstatt auf das festgestellte stets auf das richtige Beschlussergebnis abzustellen ist. Die Satzung kann allerdings ausdrücklich vorsehen, dass der Verkündung des Wahlergebnisses eine weitreichendere rechtliche Wirkung verliehen werden soll.OLG München, Beschluss vom 29. 1. 2008 - 31 Wx 78, 81/07, NZG 2008, 351

80Die Wirksamkeit eines Beschlusses der Mitgliederversammlung setzt mit der Bekanntgabe der Stimmauswertung ein. Ein Beschluss, deren Grundlage eine bereits geänderte aber noch nicht eingetragene Satzungsänderung ist, wird jedoch erst mit dem Eintritt der aufschiebenden Bedingung, der Eintragung der Änderung im Vereinsregister, wirksam.OLG München, Urteil vom 18.02.1998 - 3 U 4897–97, NJW-RR 1998, 966

(f) Beschlussmängel

81Ein Beschluss der Mitgliederversammlung kann aus formellen (verfahrensmäßigen) oder materiellen (inhaltlichen) Gründen fehlerhaft sein.

(aa) Materielle Beschlussmängel

82Ein materieller Beschlussmangel liegt vor, wenn der Beschluss der Mitgliederversammlung nichtig ist, weil die Beschlussfassung der Mitglieder gegen das Gesetz, die guten Sitten (§§ 134, 138 BGB) oder zwingende Vorschriften der Satzung verstößt.BGHZ 59, 369 [372]; NJW 1973, 235; NZG 2016, 1315 (1318)

(bb) Formelle Beschlussmängel

83Formelle Beschlussmängel sind Verstöße gegen zwingende gesetzliche oder statutarische Regeln über das Verfahren bei der Einberufung und die Durchführung der Mitgliederversammlung sowie der Beschlussfassung.

84Zu den Einberufungsmängeln der Mitgliederversammlung zählen unter anderem:

- Die Einberufung durch ein unzuständiges OrganBayObLGZ 1989, 298 (305)
- Die Einberufung ohne einen ordnungsmäßigen VorstandsbeschlussNJW 1960, 1862
- Die Nichteinladung eines Teiles der MitgliederBGH, Urteil vom 09.11.1972 - II ZR 63/71, NJW 1973, 235
- Die Einladung ohne eine Angabe von Ort und Zeit der VersammlungKG, Beschluss vom 13.05.1965 - 1 W 848/65, NJW 1965, 2157 (2159)
- Die Einberufung ohne eine ordnungsmäßige Mitteilung der TagesordnungOLGZ 1984, 401
- Der Gegenstand der Beschlussfassung ist nicht oder ungenau bestimmtNJW 2008, 69 (72)
- Die Einberufung unter unangemessen kurzer FristOLGZ 1971, 480 (482)

85Zu den Durchführungsmängeln der Mitgliederversammlung zählen unter anderem:

- Die Versammlungsleitung durch einen NichtberechtigtenKG NJW 1988, 3159 (3160)
- Die Teilnahme von Nichtmitgliedern an der Abstimmung
- Die unzulässige Beschränkung des Rede- oder Stimmrechts eines MitgliedesNJW 1966, 43
- Die Beschlussfassung über einen in der bekanntgemachten Tagesordnung nicht oder unzureichend angekündigten GegenstandOLGZ 1984, 401 (404)
- Die Abstimmung über einen nicht form- oder fristgerecht gestellten Antrag

(cc) Nichtige Stimmabgabe

86Die Nichtigkeit einer einzelnen Stimmabgabe (§ 105 BGB) oder deren Anfechtbarkeit (§§ 119, 123 BGB) führt nur dann zu der Unwirksamkeit eines Beschlusses, wenn das Abstimmungsergebnis auch auf dieser Stimme beruht. Wurden z.B. 100 gültige Stimmen abgegeben und haben 51 Stimmen für und 49 gegen den die einfache Mehrheit benötigenden Beschlussvorschlag gestimmt, ist in dem Fall, in dem eine der 51 positiv abgegeben Stimmen erfolgreich angefochten wird, der Beschluss nicht mit der erforderlichen Mehrheit gefasst.

d) Anwendungsbereich

87§ 32 BGB findet auf Grund der Verweisung in § 28 BGB entsprechende Anwendung auf den Vorstand. Daneben ist § 32 BGB entsprechend anzuwenden auf andere Vereinsorgane, wie bspw. die Delegiertenversammlung.OLG Frankfurt, Beschluss vom 21.01.1972 - 20 W 85/72; OLGZ 1973, 137 Obwohl für den nichtrechtsfähigen Verein nach §§ 54 S. 1, 709 BGB das Einstimmigkeitsprinzip gilt, ist § 32 BGB auf Grund der körperschaftlichen Struktur einschließlich des Mehrheitsgrundsatzes ebenfalls heranzuziehen.

2) Definitionen

a) Verein

88Ein Verein ist ein Zusammenschluss mehrerer Personen, die einen gemeinsamen Zweck verfolgen.

b) Mitgliederversammlung

89Die Mitgliederversammlung ist das oberste Organ des Vereins.

c) Mitgliedschaft

90Die Mitgliedschaft ist ein höchstpersönliches, absolutes Recht. Die Mitgliedschaft kann durch natürliche und juristische Personen erworben werden und erfolgt durch den Beitritt zu dem Verein. Die Mitgliedschaft endet durch Tod, Austritt, Ausschluss oder Beendigung des Vereins.

d) Beschluss

91Ein Beschluss ist ein aus einzelnen gleichlautenden Willenserklärungen zusammengesetztes Rechtsgeschäft eigener Art. Ein Beschluss bindet im Gegensatz zu Verträgen auch Mitglieder, die nicht zugestimmt haben, die nicht in der beschlussfassenden Mitgliederversammlung anwesend waren oder sich der Stimme enthalten haben.

3) Abgrenzungen, Kasuistik

92§ 32 BGB gilt für alle Formen des Vereins, und damit für den wirtschaftlichen Verein, den nicht wirtschaftlichen Verein und den eingetragenen Verein. Inwieweit die Vorschrift auch auf die Stiftung anwendbar ist, hängt gemäß § 84b 1 BGB davon ab, dass die Satzung der Stiftung nichts Abweichendes regelt. Da es für die AG mit § 118a AktG und bei der eG mit § 43b GenG Spezialvorschriften zu Versammlungsformaten außerhalb der Präsenzversammlung gibt, dürfte eine entsprechende Anwendung ausscheiden.

4) Zusammenfassung der Rechtsprechung

93OLG Celle, Beschluss vom 28.08.2017 – 20 W 18/17; NJW-RR 2017, 1186
BayObLGZ 1985, 24 (29); OLG Hamm NJW-RR 1989, 1532 (1533)
BayObLGZ 1985, 29
OLGZ 1971, 480
OLG Naumburg, Urteil vom 23.02.1999 - 7 U (Hs) 25/98, NZG 2000, 44 (45)
NJW 1975, 1559 (1560)
BGH, Urteil vom 02.07.2007 - II ZR 111/05; NJW 2008, 69
BayObLG, Beschluss vom 21.02.1973 - 2 Z 3/73, BayObLGZ 1973, 68
LG Celle, Beschluss vom 23.08.2011 - 20 W 15/11, FGPrax 2012, 34
BeckOK BGB/Schöpflin, 67. Ed. 1.8.2023, BGB § 32 Rn. 16
LG Bremen, Beschluss vom 10.8.1988 - 2 T 365/88, BeckRS 1988, 2748
BGH, Urteil vom 11.11.1965 - II ZR 122/63, NJW 1966, 43
KG, Urteil vom 12.03.1957 - 2 U 2347/56, NJW 1957, 1680
OLG Brandenburg, Urteil vom 30.11.2022 - 7 U 193/21 (LG Potsdam),
BeckRS 2022, 39937
OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.08.1982 - 20 W 403/82, OLGZ 1982, 418,
NJW 1983, 398
BayObLG, Beschluss vom 25.06.1987 - 2 Z 68/86, NJW-RR 1987, 1362;
LG Schleswig, Beschluss vom 06.04.1987 - 2 W 144/85, NJW-RR 1987, 1362.
KG Berlin, Beschluss vom 23.5.2020 - 22 W 61/19, ZStV 2021, 150
Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 09.02.2016, I – 3 Wx 4/16
BGH, Urteil vom 12.01.1987 - II ZR 152/86, NJW 1987, 2430
OLG München, Beschluss vom 29. 1. 2008 - 31 Wx 78, 81/07, NZG 2008, 351
OLG München, Urteil vom 18.02.1998 - 3 U 4897–97, NJW-RR 1998, 966
BGHZ 59, 369 [372]; NJW 1973, 235; NZG 2016, 1315 (1318)
BayObLGZ 1989, 298 (305)
NJW 1960, 1862
BGH, Urteil vom 09.11.1972 - II ZR 63/71, NJW 1973, 235
KG, Beschluss vom 13.05.1965 - 1 W 848/65, NJW 1965, 2157 (2159)
OLGZ 1984, 401
NJW 2008, 69 (72)
OLGZ 1971, 480 (482)
KG NJW 1988, 3159 (3160)
NJW 1966, 43
OLGZ 1984, 401 (404)
OLG Frankfurt, Beschluss vom 21.01.1972 - 20 W 85/72; OLGZ 1973, 137
NJW 2008, 69 (74)
BGH, Urteil vom 05.10.2021 - VI ZR 136/20

5) Literaturstimmen

94Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein 21. Aufl. (2021)
Vielwerth, Die virtuelle Mitgliederversammlung – gekommen, um zu bleiben, npoR 2023, S. 191
Schwenn/Blacher, Virtuelle Mitgliederversammlungen und Gremiensitzungen von Vereinen und Stiftungen – ein Praxisleitfaden, npoR 2020, S. 154

6) Prozessuales

95Die Gültigkeit eines Beschlusses der Mitgliederversammlung kann von jedem Vereinsmitglied durch eine Feststellungsklage zur gerichtlichen Prüfung gestellt werden. Auch die Organe eines Vereines sind berechtigt, die Nichtigkeit von Mitgliederbeschlüssen geltend zu machen. Außerhalb des Vereins stehenden Dritten kommt diese Befugnis mangels eines anerkennenswerten Feststellungsinteresses jedoch nicht zu.NJW 2008, 69 (74)
Die Feststellungsklage bestimmt sich nach § 256 ZPO auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
Die Feststellungsklage ermöglicht eine frühzeitige verbindliche Klärung eines streitigen Rechtsverhältnisses. Die Feststellungsklage richtet sich hierbei ausschließlich auf die Feststellung des Leistungs- oder Gestaltungsrechts und ist nur dann zulässig, wenn der Kläger ein besonderes rechtliches Interesse an der baldigen Feststellung hat.

96Ein Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn dem konkreten vom Feststellungsantrag betroffenen Recht des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und der erstrebte Feststellungausspruch geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen. Das Feststellungsinteresse fehlt grundsätzlich, wenn der Kläger dasselbe Ziel mit einer Klage auf Leistung erreichen kann. Es besteht jedoch keine allgemeine Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage. Vielmehr ist eine Feststellungsklage trotz der Möglichkeit, Leistungsklage zu erheben, zulässig, wenn die Durchführung des Feststellungsverfahrens unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt.BGH, Urteil vom 05.10.2021 - VI ZR 136/20

7) Anmerkungen

97Die Zulassung der virtuellen und der hybriden Mitgliederversammlung auch beim Verein mit den neu eingeführten § 32 II BGB ist grundsätzlich zu begrüßen. Diese neuen Versammlungsformate könnten geeignet sein, das Interesse der Mitglieder an den Mitgliederversammlungen und damit die Teilnahmequoten zu erhöhen. Inwieweit durch diese Versammlungsformate die Kosten der Versammlungsdurchführung sinken, muss insbesondere vor dem Hintergrund der Frage, welche Plattform zur Durchführung der Mitgliederversammlung genutzt wird (z.B. Zoom oder ähnliche Lösungen), offenbleiben. Die Wahrung der Mitgliedsrechte, also die Sicherstellung, dass nur Mitglieder bzw. von diesen Bevollmächtigte teilnehmen, der freie Austausch und die Diskussion der Mitglieder mit- und untereinander und vor allem Geheimhaltung der Diskussion, der gefassten Beschlüsse und einer durchgeführten geheimen Abstimmung muss durch die ausgewählte Plattform gewährleistet werden. Können insbesondere Verstöße gegen die Mitgliedsrechte nicht ausgeschlossen werden, sollte vorsorglich am Format der Präsensversammlung festgehalten werden, um insbesondere die Anfechtbarkeit bzw. Nichtigkeit von gefassten Beschlüssen zu vermeiden.


Fußnoten